Reisebericht

The Flow Edge – Expedition an die Eiskante im Norden von Baffin Island

Dr. Ebba Käse, 04.07.2017

Als das Motorengeräusch unserer Schneemobile verstummte, war bei Ankunft in unserem Basislager nur noch Stille wahrzunehmen. Stille, die nur durch gelegentliche Rufe der zum Brüten eintreffenden Gänse unterbrochen wurde.

Wir waren 3 Touristen, unsere 2 Guides von Black Feather, dem kanadischen Reiseanbieter und 2 junge Inuit aus Pond Inlet, unserem Startpunkt. Das Basislager lag etwa 80 km von Pond Inlet entfernt, wir erreichten es in den windgeschützten Komatiks (von den Schneemobilen gezogenen Schlitten mit hüttenartigem Aufbau) in 3 Stunden. Als mittlere von 3 Gruppen brauchten wir die Zelte weder auf- noch abzubauen und konnten uns somit ganz der Naturbeobachtung hingeben. Beim Zubereiten der täglichen 4 Mahlzeiten brauchten wir auch nicht zu helfen, nur wenn wir Lust dazu hatten.

Nach einer Übernachtung in Ottawa ging es mit einem Linienflug mit First Air über Iqaluit weiter nach Pond Inlet, einer kleinen Siedlung im Norden von Baffin Island. Pond Inlet liegt am Eclipse Sund gegenüber der kleinern Insel Bylot, die fast vollständig Nationalpark ist. Am Ende des Sunds liegt eine ganzjährig offene Wasserstelle, ein Polynia. Hier tummeln sich Narwale, Robben und Wasservögel. Das offene Wasser war auch unser Ziel, um die dort lebenden Tiere zu beobachten.

Von unserem direkt auf dem Eis aufgebauten Basislager unternahmen wir täglich mehrere Ausflüge, mal mit dem Schneemobil, mal zu Fuß oder auf Langlaufski. Das Eis veränderte sich ständig mit den Gezeiten und dem Wind, es bildeten sich Spalten, die sich mal mehr und mal weniger breit öffneten. Kajak fahren wäre auch eine Option gewesen, wenn das Eis noch weiter aufgebrochen wäre.

Unser Glück war, dass Jäger, die dieses kurze Zeitfenster nutzen, wo das Eis noch trägt, Reste eines Narwals auf dem Eis zurückließen, was einige Eisbären anlockte. So konnten wir mehrere Tage lang deren Verhalten, Interaktionen und sogar eine Paarung ungestört beobachten.

Aber auch die Landschaft zog uns permanent in ihren Bann mit den ständig wechselnden Lichtstimmungen, den Eisformationen oder den kleinen Frühlingsboten, die an Land zaghaft ihre Blüten öffneten.

Durch die gute Ausrüstung die gestellt wurde (Zelte, Pritschen, Schlafsäcke, Gummistiefel, Parkas) war es auch nicht zu kalt, auch wenn die Temperatur im Zelt bei Bewölkung auf 0°C abfiel. Nach 6 Nächten hatte man sich so daran gewöhnt, dass die 1. Nacht im Hotel viel zu warm war. Vielleicht lag es aber auch am „Heimweh“, das sofort beim Verlassen dieses magischen Ortes an der Eiskante einsetzte, dass wir nicht so gut schliefen!

Dr. Ebba Käse

Drei Eisbären im Packeis