Reisebericht

Botswana | Simbabwe – Mokoro, Moremi und Mopane-Würmer

Christina Otto, 05.07.2016

10 Tage Inforeise vom 10.05. – 20.05.2016

Der Sprühnebel des „größten Wasservorhangs der Erde“ ist schon im Landeanflug auf Victoria Falls gut zu erkennen. Doch noch muss ich auf den Besuch der berühmten Victoriafälle warten, denn zunächst geht es im Buschflieger weiter in den südlichen Teil des Hwange-Nationalparks in Simbabwe. Es ist Anfang Mai und die Temperaturen während der frühmorgendlichen Pirschfahrten sind noch empfindlich kalt. Wärmflaschen, auch „Bushbabys“ genannt, das berühmte Zwiebelschalenprinzip sowie bereitgestellte Decken helfen gegen das anfängliche Zähneklappern. Aber bereits um die Mittagszeit sind die Temperaturen soweit angestiegen, dass sich auf der Haut einiger Mitreisender, welche die Kraft der afrikanischen Sonne unterschätzt haben, schon eine rosige Farbe abzeichnet.

Die frischen Temperaturen am Morgen halten uns aber nicht davon ab, die Außenduschen auszutesten – ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Als Alternative steht aber in fast jeder Unterkunft auch eine Innendusche oder sogar eine Badewanne zur Verfügung.

Eines der schönsten Camps im Park ist das kürzlich erst wiedereröffnete und mit viel Liebe zum Detail renovierte Somalisa Camp. Schon bei der Anfahrt begegnen wir zahlreichen Elefanten. Ein Pool, welcher ursprünglich zur Nutzung durch Gäste gedacht war, wurde im Laufe der Zeit von den Tieren in Beschlag genommen, die einen besonderen Geschmack andem chlorhaltigen Wasser gefunden hatten. Einmal von den Dickhäutern vereinnahmt, gestaltete sich das Baden im Pool als aussichtlos. Bei der Renovierung des Camps haben sich die Architekten dann aber etwas Besonderes einfallen lassen: über dem „Elefanten-Pool“ wurde ein zweiter, für die Tiere unzugänglicher „Menschen-Pool“ errichtet, sodass Gäste nun beim Baden die Möglichkeit haben, den Tieren aus nächster Nähe beim Trinken zuzuschauen.

Der Hwange-Nationalpark war auch Heimat des des Löwen „Cecil the Lion“, dessen Tötung im Letzten Jahr große mediale Aufmerksamkeit erlangte. Bei einer abendlichen Pirschfahrt im Park, mit den obligatorischen Sun-Downers, erfahren wir viele Details zum Hergang der Tat und den Konsequenzen für das Rudel. Am nächsten Morgen dann die Überraschung: die Guides haben etwa zehn Löwen entdeckt, darunter auch die Nachkommen Cecils. Ein männliches Tier, welches neben einem Zebra-Kadaver zwischen zwei Büschen zu erkennen war, hatte nach dem Tod von Cecil das Rudel übernommen. Ohne seine Führung hätten die Jungtiere mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht überlebt.

Den Nächsten Höhepunkt der Reise bildete eine Fuß-Safari im Camp Hwange. Nachdem der Guide die Windrichtung geprüft und uns instruiert hatte, so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen, liefen wir los, jeder von uns peinlichst bemüht, nicht auf Zweige oder Ähnliches zu treten. Unsere Gruppe bestand aus sechs Personen und ich ging an letzter Stelle. Beim Blick nach vorn wurde mir bewusst, dass sich unser Guide, welcher ein Gewehr bei sich trug, doch einige beunruhigende Meter vor mir befand. Immer wieder sah ich mich vorsichtig nach allen Seiten um, aber die eingebildete Raubtierattacke blieb aus. Plötzlich hebt er die Hand und geht in die Hocke. Wir folgen ihm. Keine 20 Meter vor uns stehen drei Elefantenbullen, die unsere Anwesenheit nicht bemerken. Fasziniert beobachten wir die Dickhäuter beim Fressen. Trotz ihrer enormen Größe sind ihre Bewegungen fast geräuschlos. Kurz darauf dreht sich der Wind. Die Elefanten wittern uns. Eine kurze Drohgebärde folgt, dann scheinen es die Tiere sich aber anders zu überlegen und entscheiden, dass wir der Mühe nicht wert sind. Zeit für unseren Rückzug – vorbei an Spinnennetzen, für deren Erforschung Scheichs aus den Arabischen Emiraten derzeit Millionen an US-Dollar bereitstellen. Erstaunt fragen wir wofür. Als Antwort berührt der Guide leicht einen Faden des Netzes, zieht daran und lässt ihn zurückschnappen. Der Faden ist hauchdünn, aber extrem nachgiebig und stark. Ziel der Forschung, erklärt er uns sachlich, ist die Wiederherstellung von Sehnen verletzter Polo-Pferde. Ungläubiges Kopfschütteln.

Wir verlassen den Hwange-Nationalpark in Richtung der Victoriafälle. Mitte Mai herrscht immer noch fast Höchstwasserstand und der Sambesi stürzt auf einer Breite von fast zwei Kilometern die Felswände hinab. Trotz Regencapes durchnässt uns die enorme Gischt fast bis auf die Haut. Wohin das Auge reicht Wassermassen, unzählige Regenbogen und dazu das ohrenbetäubende Getöse der Fälle – dieses UNESCO-Weltnaturerbe ist ein imposantes Naturschauspiel und ein wahres Fest für die Sinne. Wir übernachten im altehrwürdigen Victoria Falls Hotel, ein MUSS für jeden geschichtlich interessierten Reisenden. Historische Fotografien an den Wänden des Hotels, die ausladende Terrasse mit Blick auf die Eisenbahnbrücke und vermeintliche Nebelschwaden, die aus der Gischt der Fälle resultieren, vermitteln dem Besucher das Gefühl, etwa 100 Jahre in der Zeit zurückversetzt zu sein. Am Nachmittag steht eine Fahrt mit dem Bushtracks Express, einer luxuriösen Dampfeisenbahn an. Die ca. zweistündige Rundfahrt findet seinen Höhepunkt mit einem Halt auf bereits erwähnter Eisenbahnbrücke, die den Sambesi direkt unterhalb der Victoriafälle überspannt. Während der Fahrt werden Getränke und Canapés serviert. Auf der Brücke angekommen, steigen wir aus. Circa 100 Meter unter uns rauscht der Sambesi an uns vorbei und die afrikanische Abendsonne taucht alles in ein surreales orangefarbenes Licht.

Am nächsten Morgen heißt es Abschied nehmen von Victoria Falls. Wir fahren über die Grenze nach Kasane, Botswana. Nach einigen Einreiseformalitäten erwartet uns eine gemütliche Flusskreuzfahrt auf dem Hausboot Chobe Princess. Das Oberdeck bietet einen heimeligen Bereich mit zahlreichen Sitzgelegenheiten, einem Plunge-Pool und einer Bar. Mit einem kleinen Beiboot erkunden wir am Nachmittag die Lagunen und Flussarme des Chobe Rivers, der hier die Grenze zwischen Botswana und Namibia bildet. Zurück an Bord wird ein Drei-Gänge-Abendessen serviert. Danach heißt es Anker legen für die Nacht.

Am darauffolgenden Tag setzen wir unsere Fahrt in den Chobe-Nationalpark fort. Gemeinsam mit den Chobe Angels, einer ausschließlich aus Frauen bestehenden Gruppe von Guides, gehen wir auf Pirsch und werden bald darauf mit der Sichtung von Warzenschweinen, Kaffernbüffeln, Giraffen, Antilopen, aufgeregt im Boden herumwühlenden Mangusten, am Wegesrand liegenden Löwen und sogar mit einem Leoparden belohnt. Bei Sonnenuntergang halten wir am Chobe River, an dem sich Hunderte von Elefanten tummeln. Einem jungen Bullen scheint unsere Anwesenheit arg zu missfallen. Mit aufgestellten Ohren stürmt er auf unser Safarifahrzeug zu und versetzt mit einer gekonnten Drehung, bei der jede Prima-Ballerina vor Neid erblassen würde, unserem Anhänger einen Fußtritt. Letzterer war aber auch der Einzige, der bei dieser Aktion zu Schaden kam. Unsere Fahrt konnten wir kurz darauf ungehindert fortsetzen.

Zurück am Flughafen in Kasane bringt uns ein Buschflieger ins Herz des Okavango-Deltas. Die Cessna fast nur sechs Personen, sodass unsere Gruppe auf zwei Flieger aufgeteilt werden muss. Unsere Pilotin scheint nicht älter 25 Jahre zu sein, dennoch strahlt sie eine Routine aus, die meine Anspannung bald verfliegen lässt, sodass ich den Flug über das Delta in vollen Zügen genießen kann. Die Wassermassen, welche das riesige Gebiet alljährlich überfluten, haben die Region bereits erreicht. Von oben gleicht das Delta einer grünen Oase, einem Labyrinth aus hunderten von Kanälen, Lagunen und kleinen Inseln, auf dem das geübte Auge im Landeanflug Elefanten erkennt. Mopane-Wälder, Savannen, Schilfgras und große Wasserflächen bestimmen das Landschaftsbild. Viele der Camps sind nur per Buschflieger erreichbar. Alles wirkt hier ruhiger und urtümlicher. Der Guide navigiert unser Boot durch einen der zahlreichen Wasserarme. Flusspferde tauchen urplötzlich vor uns auf, nur die aufsteigenden Luftbläschen verraten vorher ihre Anwesenheit. Krokodile liegen träge in der Sonne und verschmelzen farblich mit der dunklen, feuchten Erde der Sumpflandschaften. Im Mokoro, einem traditionellen Einbaum, welcher heute oft durch leichtere und besser steuerbare Kanus aus Fiberglas ersetzt wird, genießen wir den Sonnenuntergang. Das afrikanische Licht zaubert, selbst für fotografische Laien wie mich, bewunderungsfähige Bilder. Ich genieße die Stille und rekapituliere in Gedanken die letzten zehn Tage, die ich in diesen beiden einzigartigen, aber dennoch sehr unterschiedlichen Ländern verbringen durfte.

Mystische Momente im Hwange NP
Chobe National Park