Reisebericht

Nepal – Reise ins Annapurna-Gebiet zu den höchsten Bergen der Welt

Petra Imker, 09.05.2009

„Namaste Nepal --- Namaste Himal“

Jeder erholt sich im Urlaub auf seine Weise. Unsere Liebe zu den Bergen und die Neugier auf fremde Kulturen mündete in dem Wunsch, Nepal und die höchsten Berge der Welt hautnah zu erleben.

03. April 2009 – Mit auf unserem Weg zum Himalaja sind noch neun andere potentielle Wanderer, alle mit demselben Ziel: – die Umrundung des Annapurna-Massivs in 16 Tagesetappen.

Die erste Begegnung mit dem für uns chaotisch wirkenden Leben in den Straßen von Kathmandu, das Durcheinander von hupenden Autos, Motorrädern, Rikschas, Fahrrädern und Fußgängern, der Lärm, die Abgase und der Staub, die Hitze, die Armut – für die acht Nepal-Neulinge der Gruppe erst mal der logische Kulturschock. Diese acht sind Brigitte, Dietmar, Petra und Matthias aus Sachsen, Michael aus NRW, Carola aus Bayern und wir Brandenburger.
Die Geschwister Gerard und Barbara aus Bayern und Beate aus dem Breisgau waren im letzen Jahr schon in Nepal.

Im Hotel Harati inmitten von Kathmandu stellen sich im Kerzenschein (Stromausfall) Mani und Dhaua als unsere Guides für die Annapurna-Runde vor. Beim gemeinsamen Abendessen gibt es von unserem gut deutsch sprechenden Mani noch zahlreiche Hinweise zum Tourenverlauf und wir verhandeln die Abfahrt an den Ausgangspunkt des Treks von 7 auf 8 Uhr am nächsten Morgen. Haben nach dem langen Flug Schlaf nachzuholen.

1. Etappe
Besi Sahar (760 m) à Bhulbhule (840 m)
Nach einer abenteuerlichen Fahrt im Kleinbus durch das Kathmandu – Tal bis Dumre und dann weiter auf einer schmalen Straße erreichen wir gegen 14 Uhr Besi Sahar, den Ausgangspunkt unserer Tour. Eine Stunde später gibt Mani den Startschuss. Rundherum fit und voller Erwartungen gehen wir also das Abenteuer an. Wir sind gut ausgerüstet, alles ist sorgfältig vorbereitet. In den Packsäcken stecken die Schlafsäcke, Kleidung für warme und kalte Tage, Waschzeug und Trekkingsandalen, beide Säcke wiegen zusammen 18 kg. Der Tagesrucksack enthält alles andere – Regensachen, Wasser, Riegel und Schokolade, Kartenmaterial, Sonnenschutzcreme, Messer, Stirnlampe, Pillen, Pflaster, Salbe…. Sogar ein Loch im Zahn könnten wir im Notfall stopfen. Unsere 6 Träger und Nimfu sind noch damit beschäftigt, unsere Packsäcke gerecht aufzuteilen und starten nach uns. Wir laufen auf einem breiten Staubweg in ständigem auf und ab durch subtropischen Bambuswald und an Reisfeldern vorbei, immer am Marsyangdi – Fluss entlang. Überall am Weg herrscht geschäftiges Treiben – es wird auf Feldern gearbeitet, am Fluss wird Wäsche gewaschen und zum Trocknen auf die Steine gelegt oder jemand schleppt irgendwas auf dem Rücken von A nach B. Ohne Grund ist hier sicher kein Einheimischer unterwegs. Wir überqueren das Flussbett auf Steinen und warten auf die Träger. Unser Diamir-Sack wird von Gangha geschleppt, 18 Jahre jung, keine 50 kg schwer und immer ein strahlendes Lächeln. Der Himmel hat sich nun vollständig zugezogen und es sieht nach Regen aus. Irgendwo in den Wolken versteckt sich einer der 3 Achttausender, die wir auf unserem Annapurna-Trek sehen können – der Manaslu mit seinem 8163 m. Es ist subtropisch warm und der Schweiß fließt bereits in Strömen, bei mir wie üblich aus dem Gesicht. Der aufkommende Regen fällt so geringfügig aus, dass wir ihn als willkommene kleine Abkühlung empfinden. Nach 2 ½ Stunden erreichen wir unser erstes Etappenziel und finden unseren Diamir-Sack im Manang-heaven Hotel. Das Zimmer ist ausgestattet mit 2 Betten, der Fußboden sieht aus wie ein Schachbrett und der Blick ins Marsyangdi-Tal ist phantastisch. Toilette und Dusche sind, eine schmale, steile Holztreppe runter, draußen. Das Duschwasser tröpfelt kalt und spärlich von der Decke und rauscht kaum, dafür rauscht um so lauter der Fluss talabwärts und sorgt bei mir für einen berauschenden Schlaf.

2. Etappe
Bhulbhule (840 m) à Jagat (1300 m)
Nach einem Frühstück mit Ei-Variationen und Fladenbrot und von Honig und Marmelade angelockten Bienenschwärmen fühle ich mich rundum fit für den Tag. Wir starten um 8 Uhr bei strahlendem Sonnenschein und bisher angenehmen Temperaturen. Noch in Bhulbhule erwartet uns die erste Hängebrücke des Annapurna-Treks. Insgesamt 36 Mal werden wir auf diese Weise Täler und Schluchten überqueren. Diese erste Brücke ist – weil ungewohnt – ein ganz besonderes Erlebnis! Wie besoffen schwanke ich auf dem schwingenden Gebilde aus Drahtseilen, Maschendraht und Alulaufsteg von der einen zur anderen Talseite. Wir wandern immer am Fluss entlang stetig bergan. Plötzlich, wie aus dem Nichts ist er da – schneebedeckt und riesig groß ragt er in den nepalesischen Himmel – der Manaslu, unser erster Achttausender – ein überwältigender Anblick! Hinter uns liegen 1 ½ Stunden Fußmarsch und 100 Höhenmeter, als wir Ngadi zur Teepause erreichen. Die Sonne scheint jetzt erbarmungslos. Mani zeigt uns den Lamjung Himal mit seinen fast 7000 m. Vorwitzig ragt seine Spitze aus der sich schon wieder bildenden Wolkendecke. Wir laufen und schwitzen 3 Stunden lang und erreichen dann Bahundanda in 1310 m zur Mittagspause. Das attraktive Dorf liegt auf einem langen Kamm in einer Art Sattel. Meine Tomatensuppe ist heute nicht sehr sättigend, sie enthält Tomaten nur als Spurenelement und schmeckt wie Wasser. Etwas hungrig geht’s weiter, bergab, das wilde Rauschen des Marsyangdi wird immer lauter. In ständigem auf und ab führt uns der Weg am steilen Abhang des tief eingeschnittenen Tales entlang. Wieder wechseln wir die Talseite. Die Hängebrücke ist erst 1 Jahr alt. Der Brückenbau ist für uns total beeindruckend. Es ist kaum vorstellbar, dass das schwere Baumaterial, die Stützpfeiler, die dicken Stahlseile, das Drahtgitter von unzähligen Trägern hier hochgeschleppt wurden. Die meisten Dörfer, die wir bisher durchwandert sind, werden von den Gurung bewohnt. Diese Volksgruppe ist einst aus Tibet eingewandert um sich in den höheren Berglagen Nepals als Bauern anzusiedeln. Wir sehen viele geschäftige Menschen am Weg, es werden Körbe geflochten, Wolle gekämmt, hier werden Socken gestrickt, dort wird Holz bearbeitet… und überall arbeiten Bauern auf ihren terrassenförmig am Berg angelegten kleinen Feldern. Es gibt sehr viele Kinder, wir werden fröhlich mit „namaste“ begrüßt.. In den Rucksäcken unserer Gruppe befinden sich scheinbar unerschöpfliche Vorräte an Schreibheften, Stiften, Luftballons, Plüschtieren und Süßigkeiten und es macht Spaß, den Kindern eine Freude zu bereiten, die können sich richtig doll freuen. Um 17:30 Uhr erreichen wir Jagat. Eine warme Dusche wartet heute auf uns. Das Abendessen schmeckt besonders gut nach der spärlichen Mittagssuppe. Strom gibt es wieder mal keinen, egal, ist sowieso gemütlicher bei Kerzenschein. Unsere Stirnlampen erweisen sich einmal mehr als sehr wichtiges Utensil, um den Weg zum Schlafsack zu finden.

3. Etappe
Jagat (1300 m) à Dharapani (1860 m)
Als wir um 7 Uhr im Hof frühstücken, stehen die Esel, jeder mit 2 Säcken bestückt, bereits abmarschbereit in der Morgensonne. Die Kinder aus dem Dorf spielen ausgelassen in den neuen Tag hinein. Matthias dreht einen kurzen Kinderfilm und zeigt ihn den Hauptdarstellern. Die sind total begeistert und hopsen fröhlich um uns rum. 7:45 Uhr – wir sind unterwegs auf einem breiten Weg, der irgendwann mal eine Straße werden soll. Unten im Tal fließt wild der Fluss. Die Landschaft hat sich verändert. Auf den Terrassenfeldern wachsen nun Weizen, Gerste und Mais. Nach 2 ½ Stunden haben wir uns eine Pause verdient – wie immer gibt’ Lemon-tea und wie immer aus bonbonfarbenen Thermoskannen mit bunten Blumen. Nach kurzem Abstieg schaukeln wir über die nächste Hängebrücke auf die andere Talseite. Nach der bis hierhin relativ ebenen Wegstrecke steigen wir nun steil auf am Rande der immer tiefer werdenden Schlucht. Das Tal wird zunehmend enger, der Weg ist spektakulär in den Fels eingehauen. Achtung! Eselkolonne von vorn! … Den Weg immer zum Berg hin freimachen! Kein leichtes Leben für die Lastentiere. Aber was ist hier schon leicht. Das Leben ist harte Arbeit. Kein Supermarkt wo man Brot kauft, nein, wer essen will muss Weizen, Buchweizen, Gerste oder Mais anbauen, dafür sorgen, dass es wächst, ernten und letztendlich Fladenbrot backen. Kein Schulbus, der die Kinder in die Schule fährt, nein, die Wege sind meist weit und unwegsam. Zum Kochen und Heizen braucht man Holz, das wird gesammelt und dann in Körben oder als Bündel auf dem Rücken mühevoll nach Hause getragen. Überhaupt scheint hier alles transportierfähig zu sein, Körbe voll mit Schüsseln und Töpfen, riesige Säcke, monströse Heuballen, viereckige Bündel aus Blättern, bis hin zu meterlangen Rohren, Holzbalken und Stahlträgern. Der steile Aufstieg lässt den Schweiß wieder in Bächen fließen.
Oben! Wir stehen in einem Tor und blicken in ein friedliches Flusstal, eingebettet in steile Felswände. In der Ebene am Fuße eines Wasserfalls liegt das Dorf Tal. Tal bedeutet „See“ und bezeichnet einen prähistorischen See, den einst ein Bergrutsch aufgestaut hat und diese hübsche Ebene bildete. Wir betreten eine andere Welt – sind nun im stark buddhistisch geprägten Manang-district. Dies macht auch der Chörten deutlich, durch den der Weg in den Ort führt. Diese buddhistischen Denkmäler segnen die Eingänge von Dörfern. Wir drehen die an der Innenwand an der rechten Seite angebrachten Gebetsmühlen. Gebetsmühlen und Mani-Steine in allen Variationen werden von nun an unseren Weg begleiten. Viele der Mühlen sind schon ganz abgegriffen von den unzähligen Berührungen. Eines haben alle Gebetsmühlen und Mani-Steine gemeinsam: Die Aufschrift Om! Mani Padme hum, deutsch: Oh du süßer Kelch der Lotusblüte (Tibetische Gebetsformel). Es ist Zeit für die Mittagspause. Sehr windig ist es, wie immer hier. Mani berichtet, dass vor 3 Wochen 15 Häuser vom Winde verweht wurden. Unser weiterer Weg im Flusstal in ständigem auf und ab wird von Gewitter und leichtem Regen begleitet, die Regenjacke bleibt jedoch als Trumpf im Rucksack. Um 16:30 Uhr erreichen wir Dharapani in 1900 m Höhe und ziehen ein ins Eco-Hotel Himalaya. Wieder rauscht uns der Fluss in den Schlaf, mehrmals in der Nacht prasselt Regen auf die Wellblechplatten über uns.

4. Etappe
Dharapani (1900 m) à Chame (2670 m)
Wir sind so berauscht vom Rauschen des Flusses, dass wir verschlafen. Der Regen ist vorbei, der Tag begrüßt uns wie immer mit Sonne. Um 8 Uhr sind wir schon ein gutes Stück aufwärts gestiegen und sehen den Kangaru Himal (fast 7000 m) und die Unterkante des Manaslu. Annapurna II hat sich leider in Wolken gehüllt. Unseren Tee trinken wir heute in Danaque, nachdem wir schon über 200 Höhenmeter geschafft haben. Danach führt unser Weg durch Urwald mit alten knorrigen Bäumen. Die sehen aus, als wäre ihnen in ihrem langen Leben ein dicker Pelz aus Moos gewachsen. Flechten hängen wie lange Bärte von den dicken pelzigen Ästen. Hin und wieder bringen Rhododendrenblüten rote Farbe ins grüne Spiel. Nach endlosen Serpentinen, begleitet von Gewittergrollen und leichtem Regen, erreichen wir Temang in 2400 m. Wir bestaunen die tolle Lage des winzigen Ortes mit Blick auf schneebedeckte Riesen und bedauern, dies nicht bei Sonne bestaunen zu können. Es regnet weiter und wir müssen uns nach dem Mittagessen in Regensachen auf unseren Weg machen. Um 16:30 Uhr haben wir Chame, die Bezirkshauptstadt des Manang-districts in 2630 m gelegen, erreicht. Hier gibt es ein Internet-Cafe, Geschäfte mit Trekkingausrüstungsgegenständen, Sachen für warme und kalte Tage, einen Bäcker …und ein lilafarbenes Huhn. Wir beziehen eine kleine Hütte ganz für uns allein, duschen nicht (das Wasser ist eiskalt), wir kaufen bunte Stricksocken und eine Strickmütze für je 150 Rupien (1,50 €) und setzen eine E-Mail in die Heimat ab. Die Wolken lösen sich langsam aber sicher auf. Mani verspricht einen sternenklaren Himmel und behält Recht. Der Lamjung erhebt sich majestätisch zwischen den Sternen und dem zunehmenden Mond in den Abendhimmel. Dieser Anblick begeistert! Da wieder mal kein Strom ist und der Mond nicht hell genug, kann es passieren, dass man eine Stufe verfehlt als „Jürgen guck in die Luft“…. Zum Glück gab es keinen Personen-, nur Sachschaden. Unsere Kamera versagt von nun an ihren Dienst.

5. Etappe
Chame (2670 m) à Lower Pisang (3100 m)
Kurz nachdem die Sonne aufgegangen ist – es ist 5:45 Uhr – sind Beate und ich unterwegs und genießen, wie die Sonne die Berge Stück für Stück erstrahlen lässt. Was für ein Morgen! Der Manaslu präsentiert sich besonders eindrucksvoll. Über ihm schwebt eine rötlicheWolke, es sieht aus, als hätte er sich in der kühlen Morgenluft eine Mütze aufgesetzt. Um 7:20 Uhr hat unsere Seilschaft bereits die ersten Meter der heutigen Etappe unter den Füßen. Noch in Chame wechseln wir auf die andere Talseite über die Hängebrücke Nr.8. Auf einem breiten Waldweg steigen wir bergan. Uns begeistert die Landschaft, einfach traumhaft! Mit viel Getöse sucht sich der Fluss mit seinem smaragdgrünen Wasser seinen Weg durch die Steine. Über uns ragen der Lamjung und der Chame peak strahlend weiß in den blauen Himmel. Um 10 Uhr gibt es Lemon-tea auf einem Sonnendach in Bratang in 2850 m. Weiter geht’s auf einem in den Fels gesprengten Weg hoch über dem Fluss. Wieder schaukeln wir auf einer Hängebrücke auf die andere Flussseite und steigen dann steil bergan. Rechts ragt ein gewaltiger Fels aus dem Tal. Er sieht aus, als hätte man ihn zur Herstellung einer schiefen Ebene mit einer Flex bearbeitet und oben mit Puderzucker (=Neuschnee von gestern Nacht) bestreut. Oben angekommen tauchen wir ein in eine völlig andere Landschaft – wir sind mitten im Nadelwald. Händler mit ihren Ketten erwarten uns schon. Wir können uns alles in Ruhe ansehen und werden nicht bedrängt. Matthias macht die ersten Rupien für Mitbringsel locker, er wird sich im Laufe der Tour noch zum echten Souvenirjäger entpuppen. Unser weiterer Weg führt uns durch dichten Nadelwald. Würde nicht hin und wieder der Blick auf einen schneebedeckten Riesen freiwerden, würde ich meinen, wir wandern durch den Harz. Es geht bergab bis Pokhari in 3060 m. Zur Mittagspause ist es heute noch immer sonnig, so dass sich Annapurna II und Pisang peak in voller Größe präsentieren. Die Sonne und der Fluss begleiteten uns weiter bei unserer Wanderung, zuerst talwärts dann stetig bergan, durch eine grüne Ebene vorbei am Taubensee und letztendlich steil bergan bis zum buddhistischen Tempel in Upper Pisang in 3300 m Höhe. Wir ziehen die Schuhe aus – Tempel darf man nur barfuß und ohne Mütze betreten – und strenge Gerüche entweichen unseren Wanderschuhen und –socken. Aber Buddha inmitten seiner buntbemalten Tempelhalle, vor einem Jahr erst fertig gestellt, stört das nicht. Ein kräftiger und kühler Wind weht hier oben, dicke Wolken sind nun aufgezogen und wir suchen Zuflucht in einer kleinen Teehütte. Der Wind rüttelt an der Hütte am steilen Abhang und es beginnt zu schneien. Auf der anderen Talseite können wir die rosafarbene Hütte sehen, wo wir heute die Schlafsäcke ausrollen werden.
Wir verlassen die gemütliche Wärme der Teehütte mit Handschuhen und Mütze und trotzen so dem eisigenWind und dem dichten Schneetreiben. Um 16:30 Uhr erreichen wir unsere rosa Unterkunft in Lower Pisang in 3100 m und sind begeistert. Jedes Zimmer hat Dusche und Klo. Und dazu gibt es auch noch warmes Wasser! Während es draußen weiter stürmt und schneit kuscheln wir uns bis zum Abendessen noch in den wärmenden Schlafsack.
Ich denke an die morgige Etappe und träume von tollen Blicken auf Annapurna II und IV. Dazu müsste der Schnee von heute Schnee von gestern sein. Bisher haben alle Etappentage mit Sonne begonnen und ich bin zuversichtlich. Zum Abendessen um 18 Uhr schneit es nicht mehr und die Sicht wird wieder besser. Man kann ganz deutlich die Schneefallgrenze auf den Bergen sehen. In der Mitte des Essenraumes steht ein Kanonenofen und sorgt für eine wohligeWärme, jedoch nur in seinem näheren Umfeld. Um 20:30 Uhr ruft der Schlafsack, im Zimmer sind 5o C und draußen schneit es dicke Flocken.

6. Etappe
Lower Pisang (3100 m) à Manang (3540 m)
Zur Frühstückszeit um 7 Uhr liegt Pisang unter einer ca. 5 cm dicken Nassschneedecke. Der Himmel ist bewölkt, es sieht jedoch aus, als würde er demnächst aufreißen. Unser Etappenstart erfolgt heute mal ohne Sonne, dafür mit Schnee unter den Wanderschuhen. Während wir uns mit dem Anstieg zum Pass Ghyaru (3670 m) abmühen, müht sich die Sonne mit ihrem Durchbruch – und sie schafft es! Sie verbessert nicht nur unsere ohne hin schon gute Laune, sie sorgt auch dafür, dass wir schon vor dem Pass die überschüssigen Jacken ausziehen müssen und auch dafür, dass uns hin und wieder schwerer, nasser
Schnee von den Bäumen zur Abkühlung auf den Kopf fällt. Wieder begeistert uns die Landschaft. Sie ist so abwechslungsreich, unberührt und wunderschön.
Nach dem Pass geht es wieder abwärts. Hin und wieder geben die sich hartnäckig haltenden Wolken um den Pisang peak seine Spitze frei. Um 10:45 Uhr haben wir wieder an Höhe gewonnen und trinken Tee in Humde. Hier in 3300 m Höhe gibt es einen Inlandflugplatz. Relativ eben gestaltet sich unsere weitere Wegstrecke. Noch immer gibt es reichlich Vegetation, meist Kiefern und niedrige Büsche. Leider halten sich die Riesen unter den Himalajabergen weiterhin hartnäckig versteckt. Von Annapurna III sehen wir nur die Unterkante. Aber wenigstens werden wir auf unserem Weg von der Sonne bestrahlt. Der Ort unserer Mittagsrast erinnert uns wegen der zackig geformten Bergspitzen inmitten von grünen Bergwiesen an die Dolomiten. Kühe mit Kälbchen grasen, Ziegen meckern – ein idyllisches Fleckchen im Himalaja. Unsere Mittagspause fällt heute länger aus, die Tagesetappe ist vergleichsweise kurz, und wir können die Idylle genießen. Die Hütte hat eine Bäckerei und es gibt megaleckere Zimtschnecken. Es hat sich wieder zugezogen und für den Rest der Pause ist es gemütlicher im einzigen Aufenthaltsraum der Teehüttenbetreiber. Hier leben 4 Generationen zusammen. Die vermutlich älteste Familienangehörige saß zuerst mit ihrem Urenkel im Tragetuch auf dem Rücken zwischen uns und stärkte sich dann bei einer beachtlichen Portion Dalbat (nepalesisches Nationalgericht). Es gibt mehrere Tische, in einer Ecke liegen Schlafutensilien, an den Wänden hängen verschiedene, im Laufe der Zeit schon blass gewordene Bergfotos, ein Stoffplakat von Bob Marley dient als Abgrenzung zur Küche. Zu Bob Marley scheinen die Nepalesen eine besondere Verbindung zu pflegen, er wird uns
noch öfter unterwegs begegnen. Aus der Küche dringen Essensdüfte in den Raum, der Räuchergeruch von der offenen Feuerstelle ist jedoch dominanter und beißt in der Nase. Mehrere Leute sind emsig in diesem dunklen Raum beschäftigt, hantieren geschickt mit ihren Messern im Gemüse und sehen genauso verräuchert aus wie ihr Arbeitsraum. Aber was sie bei diesen Bedingungen und bei dem Funzellicht auf die Teller zaubern ist frisch zubereitet und schmeckt hervorragend. Bei unserem Start zum Etappenrest fängt es grobkörnig zu schneien an. Dem Wetter angepasst erreichen wir Braga mit Mütze und Handschuhen. Die Mütze und dazu noch die Wanderschuhe müssen wir ablegen zur Besichtigung des ältesten buddhistischen Tempels von Nepal am oberen Rand des an den steilen Hang gebauten Ortes. Ein Mönch hängt jedem ein buntes Band um den Hals, einen Glücksbringer. Für den ersten Moment scheint dieser noch nicht zu wirken, es schneit dicke Flocken, dazu Wind – richtiges Ekelwetter. Bis obenhin zugeknöpft laufen wir im dichten Schneetreiben nach Manang, ein Blick nach rechts und links lohnt nicht, es ist alles dicht. Wie die Schneemänner erreichen wir gegen 16 Uhr das Yak-Hotel in Manang. Unser Zimmer, das wir diesmal für 2 Nächte beziehen, ist kalt und ungemütlich, aber im Aufenthaltsraum am warmen Kanonenofen kann man es aushalten. Draußen schneit es munter weiter, ungewöhnlich für diese Jahreszeit, sagt Mani. Die Temperaturen liegen bei 2° C, der Schnee wird also liegen bleiben.

7. Tag in Manang (3500 m)
Akklimatisationstag
Die Flüssigkeitsmengen, die wir wegen der Höhenanpassung in uns gießen müssen, steigen und dazu proportional steigt die Häufigkeit des „Wieder-wegtragen-müssens“. Zum Glück wird uns der Luxus eines Duschklos am Zimmer gegönnt, noch dazu mit unglaublichem Blick nach draußen. Gestern im Schneetreiben sah es hier aus, als gäbe es keine Berge, mein erster Blick heute aus der Duschkloluke haut mich fast um. Es ist 6 Uhr und unter dem
blauen Himmel strahlen schneeweiße, riesige Berge! Ich bin augenblicklich putzmunter, springe blitzschnell in meine Sachen, um draußen diesen phantastischen Blick zu erleben. Jürgen kommt mit und wir steigen durch etwa 25 cm Pulverschnee talaufwärts. Im Ort ist man eifrig damit beschäftigt, den Neuschnee von den Flachdächern zu schieben. Der landet dann auf dem schmalen Weg zwischen den Häusern, so dass die Schneehöhe hier stetig steigt. Zudem besteht die Möglichkeit, gratis zu einer frostigen Morgendusche zu kommen. Die Winterlandschaft außerhalb von Manang ist unberührt. Während der Ort und unser Weg noch im Schatten der Berge liegen, sonnen sich Manaslu, Annapurna II, IV, und III und Gangapurna schon in der vollen Morgensonne. Wir steigen weiter auf nach Alt-Manang und genießen, nun auch im warmen Morgenlicht, diesen unbeschreiblichen Anblick und die Stille dieses Morgens. Meine Stimmung ist fast feierlich! Ich stehe inmitten der höchsten Berge der Welt, mein Traumziel Himalaja, dieser Anblick – ich stehe minutenlang wie angewurzelt mit weichen Knien und Tränen in den Augen. Zurück am Yak-Hotel treffen wir Mani. Während er uns die Berge erklärt, schaufelt eine Frau gerade ihr Hausdach frei…und Jürgen bekommt doch noch seine eiskalte Morgendusche. Um 9 Uhr ist Abmarsch zum heutigen, nur kleinen Tagesprogramm. Wir steigen steil bergab ins Tal, überqueren den Fluss und steigen dann in Serpentinen 200 Höhenmeter auf zu einem Teehaus. Je höher wir kommen, desto höher wird auch der Schnee. Die Bäume biegen sich unter der Schneelast und sind wohl dankbar, wenn einer der Witzbolde unserer Seilschaft sie davon befreit. Unsere Träger sind mit uns unterwegs und haben einen Riesenspaß beim Schneeduschen und Schneeballwerfen. Drei von den Jungs sind das erste Mal dabei und haben noch nie vorher Schnee gesehen.
Tee gibt es heute nicht, dafür Spaß ohne Ende. Meine Idee, einen Schneemann zu bauen, wird sofort umgesetzt. In nicht mal 10 min steht er mit Mütze, Bauchtasche und Trekkingstöcken zwischen uns. Mani ist an anderer Stelle kreativ und baut einen eiskalten weißen Buddha. Über uns türmen sich die Gletscher von Annapurna II bis IV und Gangapurna, auf der anderen Talseite ragen Thorong peak und Pisang peak in den blauen Himmel. Die Luft ist heute glasklar.
Der Ausflug war wirklich lohnenswert, darüber sind wir uns einig, nachdem wir zurück in Manang sind. Sonnenschein bedeutet warmes Wasser zum Duschen, das nutzen wir aus. Der Reiseführer beschreibt das Manang-Tal als landschaftlichen Leckerbissen. Da uns gestern dieses Erlebnis versagt blieb, wollen wir es wissen und machen uns mit Beate auf den Weg. Das Manang-Tal ist tatsächlich von ganz besonderer Schönheit. Am Chörten am Ortseingang steht in englisch „My Manang – my Shangri-La“ (Paradies auf nepalesisch). Das Dorf Braga mit seinen Steinhäusern scheint mit den Felsen verwachsen zu sein, Talaufwärts an der rechten Seite zerklüftete Felsen, auf der linken Seite das Annapurna-Massiv, im breiten Tal der Fluss , grüne Wiesen mit weidenden Tieren, Felder mit Weizen und Mais und amWeg Gebetsmühlen, Mani-Steine und Stupas mit bunten Gebetsfahnen. Der Abend ist kalt und sternenklar. Drinnen spendet der Kanonenofen wohligeWärme.

8.Etappe
Manang (3500 m) à Chule Ledar (4200 m)
Stück für Stück steigen wir dem Himmel näher, heute am Ostersamstag haben wir 700 Höhenmeter zu bewältigen.
Um 7:45 Uhr verlassen wir Manang bei herrlichemWetter. Mani bereitet uns darauf vor, dass wir ab heute die Höhe merken werden und erinnert noch mal daran, langsam zu gehen und soviel wie möglich zu trinken. Ersteres fällt nicht schwer, die unglaubliche Sicht drängt immer wieder zum Genießen und zum Abspeichern der Bilder im Herzen und auf der Speicherkarte. Wir durchbrechen die Schallgrenze 4000 noch vor der Mittagspause. Kaffee und Bier sind ab heute verboten, beides erschwert die Höhenanpassung, erklärt Mani. Probleme mit der sauerstoffärmer werdenden Luft habe ich nicht, aber im Kopf baut sich dieser unangenehme Druck auf. Das Essen schmeckt noch, aber bevor die Kopfschmerzen schlimmer werden, nehme ich doch lieber eine Ibuprofen. Auf unserem weiteren Weg sehen wir viele Yaks, Himalaja-Adler mit einer beachtlichen Flügelspanne von 4 m, und Geier. Um 15:20 Uhr haben wir Chule Ledar in 4200 m erreicht. Unsere Träger sitzen in der Sonne und erwarten uns wie immer ausgelassen und mit einem strahlenden Lächeln. Sie warten scheinbar schon auf meine Frage nach ihrem Befinden auf nepalesisch. „Thik cha“ (alles in Ordnung) antworten sie wie immer und machen dazu diese hin und her wiegende Kopfbewegung, die „ja“ bedeutet. Wir bringen nur unsere Rucksäcke ins Zimmer und gehen ohne Gepäck noch mal 200 Höhenmeter, wichtig für die Höhenanpassung. Wir steigen auf einem grasbewachsenen Berg steil nach oben, schwitzen und genießen die einmalige Landschaft. Unsere Hütte liegt schon im Schatten als wir wieder zurück sind und augenblicklich ist es empfindlich kalt. Dick angezogen verbringen wir die Zeit bis zum Abendbrot im Essenraum. Es gibt zwar einen Kanonenofen, der ist aber aus. Als dann Holz in ihm knistert, wird es nicht viel wärmer, dafür ist die Bude total verqualmt und Strom gibt es auch keinen. Also liegen wir an diesem Ostersamstag schon um 19:30 Uhr in unseren Schlafsäcken.

9. Etappe
Chule Ledar 4200 m) à High Camp (4900 m)
Im Zimmer ist es 1o C kalt, im Schlafsack dagegen kuschelig warm. Die Höhe sorgt für einen ständig trockenen Hals, also die Wasserflasche immer griffbereit. Die Entfernung und der Weg zur Toilette sind akzeptabel. Habe trotz häufiger Unterbrechungen erstaunlich gut geschlafen, in dieser Höhe nicht selbstverständlich. Meine Kopfschmerzen sind weg, dafür hat Jürgen jetzt welche und tut gleich was dagegen. Um 7:30 Uhr sitzen wir bemützt und behandschuht am Frühstückstisch – unser Osterfrühstück. Es gibt Eier wie jeden Tag, aber keine Ostereier. Dafür bekommen wir einen ganz besonderen Leckerbissen serviert! Dietmar hat den kompletten Osterspaziergang drauf und begeistert jeden Einzelnen von uns mit seiner Darbietung. Die Sache wird halbwegs rund, als ich die in Folge der Hitze der ersten Tage platt gequetschten Nougat-Eier an die Seilschaft verteile. Draußen sieht es aus wie Ostern und Frühling, es ist jedoch noch frostig kalt wie im Winter, als wir um 8:15 Uhr starten. Aber sobald die Sonne das Tal erreicht hat, wird sofort aus Winter Frühling. Die Sicht ist wieder bombastisch, man kann sich gar nicht satt sehen an dieser Pracht. Relativ eben beginnt unsere Etappe. Nach 1 ½ Stunden steigen wir zum Fluss Marsyangdi ab, überqueren ihn auf der nächsten Hängbrücke und steigen dann bis zur Teepause in 4400 m steil auf. Wir befinden uns nun oberhalb der Baumgrenze, es gibt nur noch vereinzelt kleine grüne Flecken inmitten von Steinen und Geröll. Wir verlassen nun den Flusslauf und steigen weiter bis Thorong Phedi. Der Weg führt ohne große Höhenunterschiede am steilen Abhang entlang und ist durch häufige Steinlawinenabgänge an vielen Stellen sehr schmal. Schon von weitem sehen wir unsere Mittagspausenhütte in 4540 m. Der Wind ist kräftig und frisch, sodass wir heute in der Hütte sitzen. Irgendwie scheint die Etappe ermüdend zu sein, ein Großteil der Truppe wartet schlafend auf das Essen. Ich habe wieder leichte Kopfschmerzen, aber das Essen schmeckt, also alles im grünen Bereich.
Nach einem noch mal anstrengenden sehr steilen Aufstieg erreichen wir um 14:15 Uhr das High Camp in 4800 m. Wieder bringen wir nur unsere Rucksäcke in die Unterkunft und steigen noch mal 100 m auf einem Trampelpfad im Schnee bis zum Gipfel eines Berges. Wir tun so noch mal was für die Höhenanpassung und bekommen dazu noch ein tolles Panorama geboten. Der Himmel ist jetzt nicht mehr wolkenlos, die Sicht aber noch immer phantastisch. Wir sind eingekesselt von Himalaja-Riesen und kommen uns richtig klein vor auf unserem Berglein. Dann ist Teepause. Es gibt keinen Ofen, also richtig kalt. Die Toilette draußen ist mit Vorsicht zu betreten, sie ist zum einen dunkel (ohne Öffnung) und zum anderen glatt (gefroren). Das Spülwasser im Eimer ist zu Crash-Eis geworden. Draußen warten 3 Pferde auf ihren Einsatz. Sie sollen an Symptomen der Höhenkrankheit Leidende zurück in tieferes Gelände bringen. Bei unserem Rundgang durch das Camp begegnen wir unserem Weg für heute Nacht – ein schmaler Trampelpfad im Schnee im steil abfallenden Gelände. Der Weg flößt mir unweigerlich Respekt ein. Als wir um 18 Uhr im kalten Camp die heiße Suppe löffeln, beginnt es wieder mal zu schneien und als wir uns um 19 Uhr bemützt in den Schlafsack kuscheln, sieht das High Camp wie bepudert aus. Aber Mani hat Sonne für den Aufstieg versprochen.

10. Etappe
High Camp (4900 m) à Thorong La (5416 m) à Muktinath (3760 m)
Die Sterne funkeln am Himmel, als Mani uns um 3:30 Uhr weckt. Es ist grimmig kalt außerhalb des Schlafsackes. Geschlafen haben wir unruhig, nur ein Dösen, haben immer wieder komische Sachen geträumt, der Gaumen völlig ausgetrocknet, Wasser trinken, Wasser wegtragen … – wir sind froh, dass die Nacht endlich zu Ende ist. Im Camp ist schon reger Betrieb, alle wollen früh starten. Für Aufregung an diesem Morgen sorgt Brigitte. Sie hat starke Kopfschmerzen und fühlt sich nicht in der Lage aufzustehen. Höhenkrankheit? Mani sagt nein, verordnet lediglich Ibuprofen und sollte damit Recht behalten. Um 4 Uhr ist Frühstück bei frostigen – 1,5 o C im Raum und wenig Appetit. Eine halbe Stunde später stehen wir alle mit unseren Stirnlampen abmarschbereit in der Vollmondnacht. Mein Gruselweg, der mich bis in den Schlaf verfolgt hat, – kein Problem. Schlimmer sind meine kalten Hände und Füße – keine Chance, dass die bei dem Aufstiegstempo und bei -4 bis -9°C warm werden. Nicht steil aber stetig laufen die Füße mechanisch den Trampelpfad im Schnee dem Pass entgegen. Ich habe meinen Rhythmus gefunden, keine Luftprobleme, keine Kopfschmerzen. Vor uns und hinter uns bewegen sich Lichtpunkte, alle mit demselben Ziel. Der Schnee knirscht und man hört das Schnaufen, ansonsten ist es sehr still. Die Stöcke klappern heute nicht wie sonst immer. Das Weiß reflektiert das helle Mondlicht, so dass wir schon bald ohne Lampen genug sehen. Kaum merklich wird das Mondlicht vom Tageslicht abgelöst. Die weißen Berge scheinen von innen heraus zu strahlen. 6 Uhr. Gleich wird sich die Sonne hinter der weißen Wand hervorschieben, diesen Moment werde ich nicht verpassen! Erst ganz zaghaft und dann geht es ganz schnell. Der zerklüftete Gletscher des Thorong Kang, die Eiswände der Annapurnas, die wilden Zacken der Chulu- Gruppe, zuerst rot angehaucht, blenden dann in gleißender, fast schmerzhafter Helligkeit. Wir machen eine kurze Teepause- unglaublich, auch hier oben gibt es noch eine Teehütte.
Inzwischen hat die Sonne auch unseren Weg erreicht und erwärmt nun endlich Hände und Füße. Dafür baut sich wieder dieser Druck in meinem Kopf auf. Der Pfefferminztee hebt und senkt sich in meinem Magen. Mechanisch laufen die Beine, alles ist tief verscheit. Das Bild, was sich uns bietet, könnte man himmelblau und schneeweiß betiteln. Nun fehlen noch die bunten Gebetsfahnen, die am Pass zahlreich im Wind wehen sollen. 8 Uhr – Thorong La – 5416 m – Ein Meer von Gebetsfahnen, schon ausgeblichene und vom Wind zerrissene und neue in grellen Farben, …Windpferde, die mit ihren Farben die Elemente symbolisieren: blau für Luft, rot für Feuer, gelb für Erde, grün für Wasser und weiß für Äther. Auch von unserer Seilschaft wehen ab jetzt Gebetsfahnen am Thorong La.
30 min Passpause, dann abwärts. Die Stöcke erweisen sich auf dem steilen Schneepfad an stellenweise steilen Abhängen als äußerst hilfreich. Mein Kopf dröhnt und der Magen rebelliert, der Abstieg wird zur Tortur. Dann kommt er wieder ans Tageslicht, der Pfefferminztee, Dhaua schleppt meinen Rucksack, ganz langsam geht es mir besser. Nach Stunden erreichen wir die Thorong La –Hütte in 4205 m zur Mittagspause. Bärbel rät mir zu Cola, guter Tipp, ich bin wieder fit und könnte Bäume ausreißen (es sind aber keine da). Den Rucksack trage ich nun wieder selbst, es geht weiter bergab, wir überqueren eine Hängebrücke, die Vegetation kommt zurück in Form von Kriechwacholder und Stachelbüschen. Kurz darauf haben wir unseren ersten Blick auf den gewaltigen Dhaulagiri. Heute verhüllt er sich mit Wolken, aber morgen…. In einem Pappelwäldchen versteckt sich Muktinath, eine der heiligsten Pilgerstätten Nepals. Wir besuchen einen buddhistischen Tempel. Hier sprudelt aus einer Erdspalte Quellwasser und gleichzeitig strömt Erdgas aus, wodurch eine ständige, winzige Flamme erzeugt wird.
Unsere Träger warten im Hotel Bob Marley auf uns. Richtig gemütlich ist es hier, alles schön bunt nach dem tristen Grau der letzten Hütten. Endlich wieder mal duschen – aber es gibt nur 2 davon für viele Trekker – also langeWartezeiten. Dafür sind Essenraum – Ambiente mit Bob-Marley-Assesoires und Musik – und das Essen fast nicht zu toppen. Ein Behältnis mit glühendem Inhalt unter unserem mit schweren Decken behangenen Tisch sorgt für wohlige Wärme. Die Stimmung ist gut, Bier ist nun auch wieder erlaubt… aber wir haben anstrengendes in den Knochen und gönnen denselben ab 20 Uhr Ruhe.

11. Etappe
Muktinath (3800 m) à Marpha (2670 m)
Wunderbar geschlafen, ohne Mütze und dicke Socken. Vor dem 7 Uhr – Frühstück zeigt uns Mani den Weg auf’s Dach von Bob Marley und wir genießen super Blicke auf Dhaulagiri (8167 m), Thorong peak und Tukuche peak bei wolkenlosem Himmel. Um 7:45 Uhr starten wir, zuerst vorbei an Souvenirständen und Webstühlen, immer bergab durch eine karge Landschaft. Die terrassenförmig in die Berge angelegten Felder stechen grün aus dem wüstenartig anmutenden Tal heraus. Über allem thronen die weißen Gipfel der Berge. Wir wandern durch eine Landschaft mit spektakulären Sandsteinformationen, wie Orgelpfeifen ragen die Felsen aus dem kargen Wüstenland. Wir blicken in das weite Kali Gandaki Tal und auf Kagbeni, laufen weiter auf einem schmalen felsigen Weg hoch über dem Tal und sehen Thorong paek und Thorong La. In Serpentinen schrauben wir uns runter ins Tal, stachlige niedrige Büsche, die bald gelb blühen werden, unterbrechen die Steinwüste. Um 11:15 Uhr erreichen wir Ekle Bathi. Schon von weitem sehen wir unser Gepäck auf einer Mauer stehen, unsere Träger erwarten uns zur Teepause. Hier blühen schon die Apfelbäume. Mani hat ihn angekündigt – den Wind ab Mittag. Unser Marsch durch das weite Tal, eingekeilt von Himalaja-Riesen ist eine äußerst stürmische Angelegenheit. Orkanstarke Winde brausen durch das Tal wie durch ein Rohr, wir haben zu tun, vorwärts zu kommen. Das kühle tibetische Hochland saugt wie ein Staubsauger die warmen Luftmassen aus dem Tiefland und dieser Wind ist das Ergebnis.
In diesem Tal findet man Saligrams, von außen unscheinbare schwarze Steine, die in aufgebrochenen Zustand Abdrücke prähistorischer Meeresschnecken enthüllen und ein Zeugnis dafür geben, dass sich hier mal ein Meer befand. Zwei gefundene Ammonite trage ich von nun an im Rucksack. Unterwegs auf einer der ältesten Handelsrouten Nepals erreichen wir gegen 14 Uhr Jomsom. Der Ort zieht sich lang durch das Tal in einer Höhe von 2720 m. Es gibt einen kleinen Flugplatz, wegen des täglichen Windes ist der Flugbetrieb auf die Vormittagsstunden beschränkt. Der Ort erstaunt mit seinen steingepflasterten Gassen, dem unterirdischen Kanalsystem und der typischen Architektur. Nach unserer Mittagspause direkt neben der Landebahn geht der Weg weiter gegen den Sturm durch das Tal, immer mit Blick auf den gewaltigen Dhaulagiri. Um 17 Uhr erreichen wir Marpha und beziehen ein Zimmer mit richtigem WC, Dusche und Waschbecken mit Spiegel. Wir steigen von der Hauptgasse des Dorfes viele Stufen bergauf und besichtigen ein 90 Jahre altes Kloster. Wie alle buddhistischen Stätten ist auch diese prunkvoll und bunt. Anders ist heute, dass zwei kleine Jungen, die mal Mönche werden sollen, wie wild geworden durch die heilige Stätte toben. Wir blicken von oben auf ein grünes Tal und den terrassenförmig an den Hang gebauten Ort mit seinen flachen Dächern, auf denen das Brennholz für denWinter und zum Kochen gestapelt liegt. Bei einem anschließenden Bummel durch die enge Hauptgasse winkt uns Mani in ein Haus. Wir müssen den Kopf einziehen und befinden uns dann mitten im Wohnraum einer Familie. Auf einem langen Sitzkissen auf dem Lehmboden vor einem niedrigen Tisch sitzen schon Matthias und Micha, Nimfu und eine ältere Nepalesin sitzen in einer anderen Ecke, Dauha füllt gerade selbstgebrannten Aprikosenbrandy in alle verfügbaren Gläser. Wir sitzen auf einer Holzbank in dem dunklen fensterlosen Raum, Licht fällt nur durch die Tür und den Durchgang zum Stall. Der Schnaps ist gut und wir finden es urgemütlich. Mittlerweile sitzt fast unsere komplette Gruppe hier – Platz ist in der kleinsten Hütte. Die vielleicht 17-jährige Tochter der Familie macht die Pfanne heiß und brutzelt für alle getrocknetes Yakfleisch. Es riecht ziemlich verräuchert aber allen schmecken die kleinen kross gebackenen und gut gewürzten Fleischstückchen. Wir sitzen in dem einzigen Wohnraum der Familie, werden wie selbstverständlich bewirtet und haben nicht das Gefühl, zu stören. Wir schaffen es nicht mehr, vor dem Abendessen zu duschen, danach auch nicht – wir feiern Petras 41. Geburtstag, zusammen mit unserer kompletten Mannschaft. Petra bekommt von jedem Nepalesen einen zartgelben Seidenschal um den Hals gelegt, ein Begrüßungsritual. Sogar eine Geburtstagstorte mit auszupustenden Kerzen hat Mani organisiert. Es gibt wieder mal keinen Strom, die Kerzen brennen und die Träger beginnen sofort zu singen und zu tanzen. Wir wollen auch unseren Beitrag leisten und tun uns sehr schwer damit. Laurenzia können die meisten, ansonsten hapert es an den Texten. Als die textsichersten und besten Sänger heben sich Brigitte und Dietmar aus der Gruppe heraus. Carola und Gerard zeigen einen bayrischen Tanz und singen selbst dazu. Unser Nimfu erstaunt uns alle, ist er sonst sehr schweigsam, versteht kein Englisch, so schmeißt er doch heute einen Großteil der Feier. Diesen tollen Geburtstag wird Petra wohl ihr Leben lang nicht vergessen.

12.Etappe
Marpha (2670 m) à Kalapani (2530 m)
Es ist sonnig und warm, als wir um 8 Uhr losmarschieren. Alle Läden entlang der Hauptgasse sind schon geöffnet und das Leben im Dorf ist vollständig erwacht. Überall hat jemand irgendwas zu tun. Marpha ist umgeben von Apfelhainen, die Baumblüte beginnt gerade. Auf den kleinen Feldern wächst Gemüse, alles ist grün. Kinder in ihren Schuluniformen sind fröhlich auf dem Weg zur Schule. Wir wandern am Fluss entlang, queren diesen über eine Hängebrücke aus Holz, ich als Erste, danach Dhaua, Beate, Brigitte und Dietmar. Dann…lautes Trampeln, die Brücke schaukelt, ich sehe Dhaua am Maschendraht hochspringen, springe blitzschnell auch und werde vom Heubündel eines durchgegangenen Pferdes gestreift. Dietmar und Brigitte blieb keine Zeit mehr zu reagieren, kamen aber zum Glück mit nur leichten Verletzungen und dem Schrecken davon. Der Rest der Truppe hat beobachtet, dass das Pferd mit seiner breiten Heuladung zwischen den Eingangspfeilern der Brücke stecken blieb, verzweifelt versuchte, sich zu befreien und so in Panik geriet. … Durchatmen und weiter! Der Fluss begleitet den weiteren Weg durch das schöne Tal. Es gibt kleinere Laub- und Nadelbäume. Kühe und Ziegen finden hier saftiges Futter. Am Ortseingang von Tukche gibt es eine holländische Bäckerei, es gibt Kaffee oder Cappuccino und der Apfelkuchen ist ein Traum. Wir haben tolle Blicke auf Nilgiri und Dhaulagiri auf unserer Wanderung bis nach Larjung. Immer wenn ein LKW auf der Schotterstraße an uns vorbeifährt sind wir in eine Staubwolke eingehüllt. Beaachtlich finde ich, dass die Autodächermitfahrer auf der Fahrt über die holprigen Pisten nicht unterwegs verloren gehen. In einem hübschen Gebäude mit Namen River side lodge in 2700 m ist Mittagspause. Hinter dem Haus bestaunen wir einen Garten mit Obstbäumen, üppig wachsendem Gemüse und bunten Blumen. In einem Holzschuppen wird Schnaps gebrannt, wir bekommen alles gezeigt und natürlich eine Kostprobe. Auf einer Unterlage trocknet Buchweizen in der Sonne, die sich nun hin und wieder hinter Wolken versteckt. Unser Weg führt weiter im breiten Flussbett und es ist wieder sehr windig. Ein Junge wurde mit seiner Korbladung Heu vomWind umgeblasen, seine größere Schwester hilft ihm bei der Wiederbeladung. Zeitweise geben die Wolken Nilgiri Nord, -Zentral und -Süd frei, auf der anderen Talseite hat sich der Dhaulagiri hinter dunklen Wolken verbarrikadiert. Wir haben viel Spaß, als wir durchs Wasser müssen, um auf die andere Flussleite zu gelangen. Einige rennen einfach durch, andere haben Angst vor nassen Füßen und hangeln sich über Steine und eine Baumwurzel über den Fluss Die dunklen Wolken beginnen sich über uns abzuregnen, es lohnt sich, die Regensachen aus dem Rucksack zu holen. Zum Glück öffnet der Himmel aber erst kurz nach unserer Ankunft um 17 Uhr endgültig seine Schleusen über Kalapani. Es gibt warmes Wasser, Strom, einen Fernseher im Essenraum, leckeres Essen und wieder eine Heizung unter dem Tisch.

13. Etappe
Kalapani (2530 m) à Tatopani (1198 m)
Was für ein Morgen, was für ein gigantischer Blick!
Während Kalapani noch im Schatten der Berge liegt, haben dieselben schon Feuer gefangen und glühen in der Morgensonne. Um 7:15 Uhr nehmen unsere Wanderschuhe den nächsten Wegabschnitt unter’s Profil. Gewaltig, wie sich die Fels- und Eisbastion der Annapurna-Nilgiri-Gruppe über dem dichten
Nadelwald erhebt, im Rücken die volle Wucht des Dhaulagiri. Ein einsames Wohnhaus am Weg, 3 Kinder sitzen mit ihren Schulheften auf einer Mauer in der Sonne und schreiben eifrig. Natürlich ist Petras Vorrat aus Schulmaterial noch nicht aufgebraucht. Die Kinder freuen sich über Hefte und Stifte.
Das Grün des duftenden Nadelwaldes, das wir so lange entbehrt haben, und das Vogelgezwitscher motivieren uns beim steilen Abstieg ins Tal. Ganz unten stürzen sich die Wassermassen des Flusses bergab. Die Schlucht wird enger und ganz nah verläuft der Pfad am steilen Abhang. Immer üppiger und vielseitiger gestaltet sich die Vegetation, es gibt Baumtomaten, Zitronen-, Nuss-, Aprikosen – und Mandarinenbäume. Auf einem Feld wird Gerste geerntet mit 2 Stöcken. In einem Dorf machen gerade Hühnerträger Pause, drei riesige Käfige mit mehreren Etagen Hühnerknast stehen auf einer Mauer in der Sonne. Diese gackernde Fracht muss unheimlich schwer sein! Nach unserer Teepause in einem sehr schönen Blumengarten und vielen Schmetterlingen führt der Weg immer weiter talabwärts. Die breite Piste ist in die fast senkrecht aufragende rechte Talseite eingeschnitten, unten braust der Fluss. Die LKW und Kleinbusse sind wie üblich so voll, dass auf dem Dach nicht nur Gepäck, sondern auch Menschen transportiert werden. Wenn sie uns winkend begrüßen, rufe ich zurück, dass sie sich gut festhalten sollen. Das Tal wird enger, der Fluss hat sich in eine eindrucksvolle Schlucht hineingefressen. Am Wasserfall ist Mittagspause. Es ist wieder soweit, die Wolken spenden wieder Wasser, zum Glück nicht lange und nur wenig. Noch immer laufen wir auf einer „Hauptstraße“ und biegen dann in eine „Nebenstraße=Eselpfad“ ab. Wir sehen viele bunte Blumen und interessante Holschnitzereien an einigen Gebäuden des Dorfes, die allerdings dringend Pflege nötig hätten. Auf unserem weiteren Weg und während einer kurzen Pause in einer Lodge hat die Sonne sich wieder durchgesetzt, ganz weit weg ist noch ein Grollen zu hören. Um 15:45 Uhr beziehen wir unser Zimmer mit Duschklo in einer Lodge in einem schönen Garten mit meterhohen Weihnachtssternen. Badesachen und Handtuch – auf geht’s zur heißen Quelle. Was der Ortsname „Heißes Wasser“ schon sagt, heiße Quellen haben den Ort berühmt gemacht. Sie sprudeln in 2 Betonbecken, dampfen im Flussbett vor sich hin und bieten uns ein entspannendes Bad mit 40° C in ungewöhnlicher Kulisse. Tatopani hat auch eine „Einkaufsmeile“ zu bieten und wir nutzen die Zeit bis zum Abendessen zum Shopping. Bei einer netten Frau kaufen wir im dunklen Laden (kein Strom) T-Shirts mit der Annapurna-Runde auf dem Rücken. Eine Horde Kinder spielt abwerfen mit einem Ding ähnlich wie ein Wollknäuel und hat Riesenspaß und unglaubliche Ausdauer dabei. Wir hören sie noch beim Abendessen, solange bis es dunkel wird. Endlich wieder mal ein warmer Abend zum Draußensitzen bei Grillenzirpen.

14. Etappe
Tatopani (1198 m ) à Ghorepani (2860 m)
Die letzen Tage nur Höhenmeter nach unten, heute geht es endlich mal wieder in die Höhe!
Um 7:15 Uhr verlassen wir Tatopani, gehen bergab bis zum Fluss, wieder eine Hängebrücke und dann geht’s bergauf. Der Weg ist in Stufenform angelegt, wir steigen bis zu einer kleinen Teehütte in exponierter Lage. Der Schweiß floss in Strömen bis hierher und wir müssen Flüssigkeit nachgießen. Ein Teil der Lodge schwebt auf dünnen Stelzen über dem steilen Abgrund. Besser man hat das nicht gesehen, wenn man hier ein Zimmer nimmt. Ein etwa Zweijähriger klettert barfuß auf den Steinen umher und müht sich sabbernd mit einem Luftballon. Die Mutter ist mit dem Baby auf ihrem Rücken beschäftigt, es wird gefüttert.
Es geht stetig weiter nach oben, zum Mittag haben wir 1900 m erreicht. In Shika sitzen wir auf dem Dach einer Lodge, die nassgeschwitzten Sachen trocknen in der Sonne. In der Ferne hören wir Gewitter, unser Aufstieg ist weiterhin steil, schweißtreibend und sonnig. Wir erreichen den Rhododendrenwald und sind beeindruckt von den knorrigen Bäumen, in dickes Moos eingehüllt, und den roten und pinkfarbenen Farbklecksen im satten Grün. Ein Ball kullert uns entgegen, Gerard stoppt ihn und da kommt auch schon der Ballspieler in Badelatschen in rasantem Tempo den steinigen Treppenpfad runtergerannt. Der kleine Junge und seine beiden Geschwister übernehmen freudestrahlend ihren Ball zurück und bekommen dazu wieder reichlich aus den scheinbar endlosen Vorräten an Geschenken. Einer unserer Träger hat heute arge Probleme. Die anderen sind längst weg und er quält sich in der Hitze mit dem Monstersack, er tut mir total leid. Mani sagt, ich darf mir nicht so viele Gedanken machen, da muss er durch. Zur Teepause kümmern Micha und ich uns um seine Füße – mein komplettes Blasenpflaster klebt nun an seinen Zehen. Er zieht die Schuhe nicht wieder an und geht in Badelatschen weiter ….( und kommt gut an).. Wir steigen weiter und merken gar nicht, dass die Luft in Folge der Höhe kühler wird, wir schwitzen weiter. Um 17: 30 Uhr erreichen wir Ghorepani und sind nun wieder 2860 m hoch. Unsere Lodge steht direkt neben einem Basketballplatz, es ist gerade mächtig was los. Ghorepani spielt gegen ? (weiß nicht). Alle Zimmer der Lodge haben Sportlernamen, unser Namensgeber heißt Maradonna. Sie sind spärlich ausgestattet, haben Sperrholzwände und Mickeymaus- Vorhänge. Es gibt nur 2 Duschen für viele Zimmer, das bedeutet wieder ansstehen nach Wasser, wenigstens ist es etwas warm. Im großen Essenraum spuckt ein Ofen Wärme, sehr angenehm, es ist ziemlich kalt hier oben. Um 20 Uhr liegen wir bereits im Bett. Morgen heißt es früh aufstehen – Sonnenaufgang auf dem Poon Hill! Die Nacht wird für viele von uns zur schlaflosen wegen einer lautstarken Sportlerparty gleich unter unseren Fenstern. Dank Ohropax wird die Musik für uns beide zur Schlafmusik.

15. Etappe
Poon Hill (3200 m)
Ghorepani (2860 m) à Tikhedhungga (1400 m)
Ab 4 Uhr ist Leben in der Hütte, nicht nur wir wollen zum Sonnenaufgang auf Poon Hill sein. Scharen von Frühaufstehern pilgern mit Stirnlampen vom Passort auf den Aussichtsberg. Um 4:30 Uhr sind auch wir unterwegs, 45 min Aufstieg, wir suchen uns ein Plätzchen auf einer Holzbank und …warten auf die Sonne….
Die Dunkelheit ist inzwischen in die Morgendämmerung übergegangen. Rechts vom Machupuchare leuchtet der Himmel rötlich, ändert die Farbe allmählich in Richtung gelb. Die Sonne ist noch hinterm Berg, strahlt jedoch die Spitze von Dhaulagiri schon an. Nun geht es schnell, die angestrahlte Fläche wird wie in Zeitlupe größer, gigantisch, wie dieser Riese sich in Szene setzt! Wir konzentrieren uns auf die Sonne, der Himmel scheint zu brennen…
6:02 Uhr – das wollten wir sehen! Was für eine Kulisse! Dhaulagiri, Nilgiri, die Annapurnas, Machhapuchare im gleißenden Licht der Morgensonne! Die Stimmung ist fast feierlich. Beim Abstieg lassen wir uns Zeit, ich kann mich gar nicht satt sehen, Nadelbäume, gelb blühende Büsche und Rhododendron mit den schneebedeckten Riesen als Hintergrund. Weil ich so schwärme verrät mir Mani, dass wir heute durch einen richtigen Märchenwald absteigen werden. Kurz nach unserem Start um 9 Uhr sind wir auch schon mittendrin im mystischen, subtropischen Höhenwald. Gewaltige Eichen und Rhododendren in rot und pink dominieren, im Unterwuchs dichter Bergbambus und riesige Farne. Überall wuchern giftig grüne Moospolster und Flechten … und dazu diese Geräusche! – lautes und anhaltendes Urwaldgeschrei der Vögeln und Grillen begleitet unseren Weg. Die Höhenmeter purzeln, um 12 Uhr ist Mittagspause in der wärmenden Sonne mit Blick auf Machhapuchare (Fischschwanz) und Annapurna 3. Den Märchenwald haben wir hinter uns gelassen, nun geht es richtig brutal abwärts. Die steilen Steinstufen mögen die meisten Beine nicht und dazu knallt ungebremst die Sonne auf uns runter. Wir können die Talsohle sehen, aber irgendwie hat man nicht das Gefühl, dass wir ihr näher kommen. Eselkarawanen kommen uns entgegen, auch für sie ist dieser in Stufen verlegte Weg sicher schwer zu gehen, zumal sie auch noch schwer zu schleppen haben. Eine der letzten Hängbrücken des Trekkings bringt uns auf die andere Flussseite nach Thikedhungga (Spitze Steine), um 15:45 ziehen wir ein in die letzte Hütte auf dem Trek. So schlecht wie die erste Hütte in Bhulbhule ist auch die letzte: Zimmer mit Fensterluke und Sperrholzwänden mit Spannerritzen, die Toilette am äußersten Ende, die Dusche mit Vorhang im Aufenthaltsraum, der Wasserhahn fernab der Zimmer. Egal, wir fühlen uns trotzdem wohl, sind ja in netter Gesellschaft und das Essen schmeckt auch. Heute ist Party angesagt mit den Trägern. Es gibt Strom und somit Musik und sofort fangen die Jungs an zu tanzen. Unglaublich wie gut die drauf sind nach den anstrengenden Märschen mit den Monstersäcken auf dem Rücken. Die Töchter der Familie feiern mit uns, wenn sie gerade nicht in der Küche gebraucht werden.

Letzte Etappe
Thikedhunga (1400 m) à Nayapul (1070 m)
Um 9.15 Uhr fällt der Startschuss zur letzten Etappe. Auch heute geht es abwärts und auch heute werden wir auf unserem Weg von Sonne und dem Bhurungdi-Fluss begleitet. Wir wandern durch ein grünes Tal, rechts und links vom Fluss die typischen Terrassenfelder, immer wieder kleine hübsche blumengeschmückte Dörfer, subtropische Vegetation – Baumtomaten, Ananas, Bananen, Mango, Kaffee….Der heutige Weg ohne Steinstufen ist wesentlich entspannter zu gehen – es macht richtig Spaß. Bei einer kurzen Pause am Fluss testen Gerard und Jürgen das klare Wasser. Zwei kleine Mädchen aus dem Dorf kommen zum Gesicht-, Hände- und Füße waschen. Ganz schüchtern und verlegen strahlen sie uns an, natürlich haben wir noch was für sie im Gepäck. Im weiteren Verlauf wird der Fluss noch wilder und stürzt an mehreren Wasserfällen brausend in die Tiefe. Die Schule ist aus, viele uniformierte Kinder kommen uns entgegen oder tummeln sich schon im Fluss. An einer traumhaften Badestelle klettern Halbwüchsige einen Felsen hoch, um sich von oben in den „Pool“ zu stürzen. Petra, Jürgen und Gerard können der Verlockung des Wassers nicht widerstehen, kein Problem – wir haben heute viel Zeit. Auf unserem weiteren Weg begegnen uns immer wieder Plätze, wo sich die Kinder im Wasser tummeln. Wir erreichen Birethani, ein hübsches Dorf mit einer steingepflasterten Straße, einer Bäckerei und vielen Blumen. Am Ortsausgang erwartet uns die letzte Hängebrücke des Treks. Sie führt uns über einen schlammiges Wasser führenden Fluss, der kurz danach mit dem schönen sauberen des Bhurungdi zusammenfließt. Wir betreten wieder diese andere Welt, es gibt wieder eine Straße mit röhrenden Autos und aufheulenden Lastwagen, Staub und Dieselgestank. Dunst und Lärm – was das eigentlich ist, wird einem jetzt erst so richtig klar. Die letzten Schritte unserer Tour – ich freue mich, es geschafft zu haben, trotzdem befällt mich so was wie Wehmut. Solange habe ich mich auf diese Tour gefreut, gleich ist sie Vergangenheit. Einige unserer Träger kommen uns entgegen und begleiten uns zu der Stelle, wo der Bus auf uns wartet.


Meine Gedanken schweifen zurück – die atemberaubenden Blicke auf die Himalaja-Riesen, das Gefühl des Glücks, mittendrin zu sein, mittendrin in dieser phantastischen Bergwelt, mittendrin im einfachen und friedlichen Leben der Bergvölker. Wir haben soviel gesehen, erlebt und gelernt auf dieser Tour. Ich bin beeindruckt von der Lebensweise der Bergdörfer, von der Ruhe und Gelassenheit der Menschen. Probleme, an den wir uns in unserer hektischen Welt aufreiben, sind hier klein und nichtig. Das einfache Leben in den bescheidenen Behausungen, fernab von unserem selbstverständlichen Luxus… Ich habe einmal mehr begriffen, auf welch hohem Niveau bei uns gejammert wird. Es stellt sich die Frage: Brauchen wir das wirklich alles, was wir glauben haben zu müssen? Ist nicht weniger manchmal mehr? Unser Trek war nicht nur ein Eintauchen in eine fremde Kultur, eine andere Welt. Er war auch eine Zeitreise aus unserer schnelllebigen, hochtechnisierten Zeit in die nepalesische Zeit, wo schon die stetige Stromversorgung ein Problem ist. Felder werden mit Technik bearbeitet, die bei uns im Museum ausgestellt ist. Trotzdem ist erkennbar, dass sich in den letzten Jahren in Bezug auf moderne Technik einiges getan hat. Überall sieht man Solaranlagen, Wasser und Sonne gibt es reichlich. Internet und Handys ermöglichen via
Satellit die Verbindung zur Welt.

Träger David Supertänzer trabt neben mir her und sucht nach englischen Worten. Glücklich sieht er aus, bestimmt ist er froh, dass die Plackerei nun ein Ende hat. Dieses Strahlen in den Gesichtern unserer Träger und ihre Fröhlichkeit haben uns die ganze Tour über begleitet. Dabei haben sie Schwerstarbeit geleistet. Dhaua – immer gut drauf, immer mit strahlendem Blick, immer dort zu finden, wo es hübsche Mädchen gab (und es gibt nur hübsche Mädchen in Nepal!), englisch muss er noch lernen, wenn er selbst mal eine Gruppe führen will. Dhanyabad Dhaua!

Allen voran unser Mani (Man Bahadur Tamang) immer mit Basecup, ohne dieses völlig verändert. Mit ihm hat uns Diamir eine kompetente nepalesische Frohnatur an die Seite gestellt. Dhanyabad Mani!


Das sonnige Gemüt der Einheimischen und ihre Freundlichkeit werden mir in guter Erinnerung bleiben.

Als Gruppenmitglied mit vielfältiger Lauf- und Wandererfahrung kann ich resümieren, dass wir ein anspruchsvolles Programm geschafft haben. Der Trek war anspruchsvoll vor allem wegen seiner Länge und auf Grund der Höhe, die zu überwinden war. Aber die Beine sind gelaufen und gelaufen und gelaufen. Keiner von uns hatte nennenswerte Probleme während der Tour, alle 11 sind gesund und munter. Trotz der Anstrengung gehe ich gut erholt und mit unzähligen Eindrücken dem Ziel entgegen. Nepal, dieses kleine Land, eines der ärmsten Länder der Welt, hat etwas zu bieten, was einzigartig ist: 8 der insgesamt 14 Achttausender der Welt sind in Nepal! Es bleibt zu wünschen, dass das Geld, welches die Touristen ins Land bringen, sinnvoll in die weitere Entwicklung Nepals gesteckt wird. Shangri-La Himal… dhanyabad Nepal…

fleißige Kinder bei den Schularbeiten
Gedenkgrab am Mt. Everest