Auf dem Weg zum Gipfel
Das Zodiac wartet auf die Skifahrer
Abfahrt in unberührtem Schnee
Start zur Skitour

Reisebericht

Grönland – Mit Segelschiff und Tourenski unterwegs an Grönlands Westküste

Markus Walter, 09.10.2014

8 Tage Expeditions-Segelkreuzfahrt und Skitour 01.04. – 08.04.2014

Als wir am Morgen erstmals das Deck betreten, befinden wir uns in einer wahren Winterwunderlandschaft: das makellose Weiß der tief verschneiten Berggipfel, das tiefe Blau des wolkenlosen Himmels und die glitzernde Wasserfläche des Fjords versprechen einen strahlend schönen Tag!

Zwei Tage dauerte die Flug-Anreise von Deutschland über Kopenhagen bis in den Westen Grönlands und gestern, als uns Grönlands größter Flughafen Kangerlussuaq im Søndre Strømfjord tief im Inneren des gewaltigen eisgepanzerten Landes grau in grau mit heftigem Schneefegen empfing, hätte sich niemand diese märchenhafte Schönheit und Stille, die uns nun empfängt, auch nur annähernd vorstellen können. Noch am Abend, als wir in der reichlich provinziell anmutenden Hauptstadt Nuuk an Bord des Dreimastschoners Rembrandt van Rijn gingen, umhüllten uns dichte Wolken und heftiger Schneefall verhieß alles andere als den strahlenden Morgen, den wir nun staunend erleben.

Für eine Woche haben wir den heimatlichen Frühling mit dem noch tief winterlichen Grönland eingetauscht und wollen uns an der von kilometerlangen Fjorden zerfurchten Westküste den Traum von unberührten Pulverschneeabfahrten erfüllen. Und wir müssen gar nicht lange suchen: während wir fast lautlos zwischen den beeindruckenden Berggipfeln zu beiden Seiten des malerischen Fjords dahingleiten, stechen uns immer wieder traumhafte Hänge ins Auge, die wie für Ski- und Snowboardfahrer gemacht scheinen.

Schließlich haben wir uns für einen formschönen Berg entschieden. Der Kapitän lässt Anker werfen und die beiden Schlauchboote werden zu Wasser gelassen. Bei einer Erkundungsfahrt, bei der zugleich der erste Schwung an Ski-Ausrüstung an Land geschafft wird, finden wir die ideale Anlandungsstelle, an der alle bequem und trockenen Fußes das Ufer betreten können. Nun heißt es Steigfelle aufziehen und schon wenige Minuten später steigen wir langsamen, gleichmäßigen Schrittes über die unberührte Schneefläche sanft bergan.

Die atemberaubende Stille der menschenleeren winterlichen Landschaft ringsum und der gleichmäßige wiegende Schritt haben etwas Beruhigendes. Schweigend und jeder für sich in Gedanken versunken diesen herrlichen Tag genießend steigen wir bergan. Je höher wir kommen, umso großartiger wird das Panorama: 360° rings um uns nichts als weiße, tief verschneite Berglandschaft, unterbrochen nur von den tiefblauen verzweigten Armen der Fjorde, die sich bis zu 60 km weit ins Landesinnere ziehen. In einem dieser Meeresarme ist weit unten unser Segelschiff zu erkennen. Winzig wie aus dem Spielzeugland wirkt der geräumige Dreimastschoner inmitten der gewaltigen Landschaft. Bis zu 30 Passagiere haben auf unserem komfortablen schwimmenden Basislager Platz – vermutlich die einzigen Menschen, die sich während der ganzen Woche überhaupt an diesem Küstenabschnitt Westgrönlands befinden. Die absolute Einsamkeit und völlige Unberührtheit der hiesigen Bergwelt ist sicher auch einer der größten Reize unserer abenteuerlichen Tour.

Nach dreieinhalb Stunden gleichmäßigem Aufstieg ist der Gipfel erreicht – knapp über 1000 m hoch und mit großartigen Ausblicken nach allen Seiten. Während der ausgiebigen Rast schweifen die Blicke über die menschenleere Berglandschaft. Nicht einmal Spuren anderer Skifahrer oder ein einsames Fischerboot in einem der vielen Fjorde können wir entdecken.

Das Highlight des Tages steht jedoch erst noch bevor: die Traumabfahrt über mehr als 1000 Höhenmeter absolut unberührter Pulverhänge! Egal ob mit Ski oder Snowboard – wir sind uns alle einig, dass wir noch nie so großartigen Pulverschnee erlebt haben wie hier in der trockenen, kristallklaren Winterluft Grönlands. Die Abfahrt vergeht wie im Rausch. Jeder hat massig Platz für seine eigene Linie, setzt Schwung um Schwung in den stiebenden Pulver. Am Ufer warten bereits die Schlauchboote und keine 10 Minuten später werden wir zurück an Bord mit frischem Gebäck und Heißer Schokolade begrüßt – ein gewisser Luxus darf ruhig mal sein! Apropos Luxus: das was unser argentinischer Schiffskoch jeden Abend zum üppigen Dreigänge-Menü auf den Tisch zaubert, braucht keinen Vergleich zu scheuen: man muss sich schon zügeln, damit die Kalorienbilanz trotz ganztägiger sportlicher Betätigung an frischer Winterluft ausgeglichen bleibt!

Als wir später mit einem guten Glas Rotwein in der Hand an Deck stehend das farbenprächtige Spektakel der Nordlichter unterm klaren Nachthimmel beobachten und die Silhouette der großartigen Berglandschaft im silbrigen Mondlicht lautlos an uns vorbeigleitet, geht ein perfekter Tag zur Neige, der schöner und abwechslungsreicher nicht hätte sein können.

Und als wir schließlich nach 5 großartigen Skitourentagen bei absolutem Traumwetter am letzten Abend gemeinsam mit der Schiffscrew auf unsere Erlebnisse anstoßen, sind sich alle einig: wir kommen wieder! Im nächsten Frühling segelt die „Rembrandt van Rijn“ erneut durch arktische Gewässer. Neben Grönland bieten auch Island, Norwegen oder Spitzbergen Ski&Sail-Erlebnisse der Extraklasse. Und wer einmal dabei war, der weiß: es ist ein Erlebnis mit enormem Suchtpotenzial!

Markus Walter

Rückkehr zur Rembrandt
Rembrandt vor Gletscherkulisse
Abfahrt durch herrlichen Pulverschnee
Abfahrt in unberührtem Schnee
Abend an Bord der Rembrandt
Kapitän Sven auf der Brücke der Rembrandt van Rijn
Abfahrt in unberührtem Schnee