Jungs vor dem englischen Kolonialstil-Bahnhof Chittagong
Am hinduistischen Adinat Tempel
Hindutempel in Puthia
Zwischen Tempelruinen in Puthia

Reisebericht

Eine äußerst eindrucksvolle Reise mit viel Kontakt zu der Bevölkerung

Frank Böttcher, 15.03.2019

Eine äußerst eindrucksvolle Reise geht zu Ende, die einige Vorurteile bei mir widerlegt hat und es mir ein weiteres Mal etwas Angst um unser altes Europa werden lässt. Aufgrund der Aufbruchsstimmung und Lebendigkeit in diesen Ländern, gegen den das Leben zu Hause wie ein alter Komapatient wirkt. Die Reise war bis ins Detail perfekt durchorganisiert, was in so einem Land Gold wert ist; vielen Dank an alle Beteiligten!

Dhaka – Puthia
Rund 4h Fahrzeit von Dhaka entfernt stoßen wir auf den ersten der großen Ströme Bangladeschs, den Brahmaputra. Jetzt zur Trockenzeit blickt man hier auf ein diffuses Gewirr aus Flussarmen und Inseln. Auf einigen dieser Eilande nutzt man diese Periode, um darauf Reis anzubauen. Etwas weiter gen Osten liegt die ehemalige hinduistisch geprägte Stadt Puthia mit zahlreichen Tempeln, die zum Teil aufwendig saniert oder komplett verfallen sind. 20 km entfernt erreichen wir die viertgrößte Stadt des Landes, Rajshahi am Ufer des legendären Ganges. Mit Booten kann man sich auf dem Fluss entlang schippern lassen oder auf die Inseln übersetzen. Wir bleiben im Boot und genießen den Sonnenuntergang auf dem Fluss! Sogar ein paar Flussdelfine springen vor uns aus dem Wasser, was für ein schöner Tagesausklang.

Puthia – Jessore
Wir fahren weiter durch herrlich frischgrüne Felder mit Reis, Mais, Getreide und Tabak. Dazwischen liegen immer wieder große Mangobaumplantagen. Wir queren noch einmal den Ganges, dem hier an beiden Ufern bis zum Horizont der Sand abgegraben wird, als Baumaterial. Ganz in der Nähe entsteht das erste Atomkraftwerk von Bangladesch, welches mit russischer Hilfe gebaut wird und in wenigen Jahren ans Netz gehen soll. Versteckt tief zwischen Reisfeldern besichtigen wir am Nachmittag eine eindrucksvolle Hindu-Tempelanlage. Wegen der Schönheit der Landschaft gehen wir die letzten Kilometer zu Fuß. Wir passieren einen der kleinen Bauernhöfe. Hier findet zufällig gerade eine Hochzeit statt. Es dauert nicht lange bis man uns entdeckt und wir hereingebeten werden. Wir dürfen den Bräutigam fotografieren und danach sogar die Braut. Die Kinderschar begleitet uns nun kurzerhand zu den Tempeln. Die Hindutempel leuchten in der Abendsonne mit den bunten Kleidern der Mädels um die Wette. Drinnen in den Tempeln warten schöne Shiva- und Ganesha-Schreine auf unsere Kameras. Wir bleiben lange an diesem entspannten Ort mit den netten Menschen, bevor es heißt Abschied zu nehmen und das letzte Stück bis zu unserem tollen Appartement in Jessore zu fahren.

Narail
Heute steht eine Seltenheit auf dem Programm: die letzten bekannten Otterfischer auf der Welt. Nach holpriger Anfahrt, nehmen wir ein kleines Holzboot, was uns einen Fluss hinauf rudert. Von weitem hören wir es schon quieken. Fünf Familien leben hier, die sich Otter zur Fischerei halten. In Holzkisten warten die Tiere auf ihren Einsatz. Die zwei alten Fischer legen ihr Netz in den Fluss und lassen die Otter an einer Leine ins Wasser, damit sie die Fische aufscheuchen und in das Netz treiben. Das scheint ganz passabel zu funktionieren. Aufgrund des vielen Abfalls an den Ufern wollen die Otter aber lieber aus dem Wasser raus, weil sie im Müll einfacher fressbare Sachen finden. Zudem finden die Fischer keinen Nachwuchs mehr, sodass man davon ausgeht, dass diese Tradition in wenigen Jahren schon ausgelöscht sein wird.

Mongla – Sundarbans-Nationalpark
Wir schiffen in der Industriestadt Mongla auf unserem Schiff ein, welches die nächsten drei Tage unsere Herberge sein wird. Eine halbe Tagesreise dauert es, bis wir von kilometerbreiten Flussarmen in immer kleinere vordringen und uns dabei dem Golf von Bengalen, also dem Meer, nähern. Jetzt, da der Fluss schmaler wird, kann man auch den konkreten Bewuchs an den Ufern und erste Tiere sehen. Es fällt uns auf, dass der Mangrovenwald so unglaublich dicht bewachsen ist, dass man keine zwei Meter hineinschauen kann. Kein Wunder also, dass wir keine Chance haben, einen der letzten 100-150 Bengal-Tiger zu Gesicht zu bekommen. Wir machen kleine Ausflüge mit dem Beiboot. An einer der Südspitzen leben besonders viele Axishirsche. Sie fressen die Bäume bis auf zwei Meter Höhe kahl und dienen Tigern und Wildschweinen als Nahrung. Durch diesen Verfraß ist der Wald hier licht und wir können über den matschigen Boden wandern. Immer vornweg der Ranger mit dem geladenen Gewehr, falls sich doch mal ein Tiger zu uns verirren sollte oder eine Wildsau ausrastet. Neben vielen Hirschen tummeln sich kleine Äffchen im Wald, die überraschenderweise mehr auf dem Boden als auf den Bäumen unterwegs sind. In den Zweigen sehen wir mit etwas Glück Eisvögel, Spechte oder kleine bunte Arten herumhüpfen. Auf einem anderen Ausflug zeigen sich Bienenfresser und Wiedehopfe. Den Abschluss des Festlands bilden weite naturbelassene Strände. An einem teste ich bis zum Knie das Wasser. Es ist zwar nicht klar (durch die Sedimente der Flüsse), aber sehr warm, schätzungsweise 26/27 Grad.

Insgesamt besticht diese Sundarbantour durch die Ruhe und gute Luft als Kontrast zu den lauten Städten. Besonders schön sind die Sonnenuntergänge. Nur das Schlafen in den ziemlich engen Kojen und das Rattern des Motors und des Generators sind etwas gewöhnungsbedürftig. Nach zwei Tagen sieht man auf der abendlichen Rückfahrt schon von weitem die Lichtermeere der Riesentanker, die zum Industriehafen wollen. Wir bleiben noch eine Nacht an Bord und verabschieden uns am nächsten Morgen von Boot und Mannschaft.

Mongla – Bagerhat – Barishal – Dhaka
Vom Hafen Mongla geht es zum Weltkulturerbe der 70-Säulen-Moschee in Bagerhat, die von einem weitläufigen grünen Gartengelände mit vielen Dahlien, Cosmea und Tagetes umgeben ist. Die Moschee ist innen lichtdurchflutet und durch die vielen Säulen ein interessantes Fotomotiv. Der Imam begrüßt und führt uns persönlich herum. Ein großer idyllischer Seerosenteich liegt hinter dem Gebäude. Wir spazieren durch das sich anschließende Dorf, um weitere kleine Tempel zu besuchen, die komplett von den Häusern der Einwohner umbaut sind. Hier haben wir gleich wieder eine lustige Schar Kinder um uns herum, aber auch die Erwachsenen sind meist interessiert und freundlich.

Die Tour geht weiter zum Flusshafen von Barishal. Hier herrscht gleich wieder städtisches lautes Leben und das übliche hohe Verkehrsaufkommen. Unser Ziel ist das Fährterminal, von dort geht es zurück nach Dhaka. Aber wir reden hier nicht über einen kleinen Kahn. Gleich fünf riesige Fähren im Stile der skandinavischen Großfähren liegen hier gefühlt halb an Land, da ihre Nasen weit über den Anleger reichen. Mit jeweils vier Decks fassen sie je rund 2.000 Leute und pendeln täglich zwischen der Hauptstadt und diesem Ort im Zentrum des Landes. Wir haben 1. Klasse gebucht, sind aber trotzdem ein wenig ernüchtert über das winzige Kabinchen. Das ändert sich, als wir später die offenen Decks anschauen. Auf zwei Decks erstreckt sich über die gesamte Fläche des Schiffs eine blanke Stahlfläche, auf der die Passagiere wie im Schwimmbad ihre Tücher nebeneinander ausbreiten und sich so ihren Schlafplatz für die Nacht sichern. Das zieht sich bis in den Bereich der Maschine, wo es ohrenbetäubend laut ist. Nun sind wir über unsere zwei Quadratmeter Privatsphäre doch sehr glücklich.

Der Shiva-Tempel in Puthia
Bootsfahrt auf dem Ganges
Bei den letzten Otterfischern
Sonnenuntergang in den Sundarbans
Gemütliche Schiffskoje im Sundarbans-Schiff