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Portait in Papua
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Portrait während eines Sing-Sings

Reisebericht

„Friends meet Friends“ – Unterwegs in Papua-Neuguinea

Klaus König, 22.10.2019

„Was nach Papua-Neuguinea wollen Sie? Das liegt doch am Ende der Welt und da gibt es Kopfjäger. Passen Sie nur auf, dass Sie heil wiederkommen“, hörte ich von Leuten gutgemeint, als sie von meinen diesjährigen Reiseambitionen erfuhren. Die zweitgrößte Insel der Erde liegt natürlich nicht am Ende der Welt, sondern vor den Toren Australiens und die Kopfjägerei ist lange her. Sicher, es gibt nähere und bestimmt auch lohnende Reiseziele, aber wer wie ich gerne hautnah in unverfälschte Stammeskulturen eintauchen und fremden Ethnien auf Augenhöhe begegnen möchte, d.h. im Dorfleben mittendrin sein will, der kommt über kurz oder lang auf das Ziel Papua-Neuguinea (PNG).

Mit der Tochter zusammen suchten wir nach einer Individualreise für zwei Personen, d.h. Auto, Fahrer, Guide und wir zwei, um das Stammesfestival („Sing-Sing“) in Goroka und Kutubu zum Unabhängigkeitstag (16.09.2019) besuchen zu können. Nach mehreren Absagen war DIAMIR der einzige Reiseveranstalter, der sich auf unseren Sonderwunsch einließ und die Reise ermöglichte. Unser herzlicher Dank dafür im Nachhinein.

Und dann war es soweit. Über Singapur führte uns die Reise nach Port Moresby, der modernen, weitläufigen Hauptstadt PNGs. Wenig später landeten wir mit dem Inlandsflieger in Goroka, der auf 1546 m Höhe gelegenen Hauptstadt der Provinz Eastern Highlands. Es blieb nicht lange Zeit zum Verweilen. Denn am Tag unserer Ankunft (Freitag, 13.09.) war bereits das „Warming-up“, d.h. Aufzug und Präsentation der Kindergruppen. Da diese meist von ihren bereits bemalten und kostümierten Eltern begleitet wurden, entstand für uns schon ein großartiger Eindruck von Stammesvielfalt. Und die Kleinen zeigten im Tanz, was sie konnten und das war erstaunlich. „Kommt es morgen noch besser?“, fragte ich neugierig Stanley, unseren Guide. „Du wirst sehen, morgen vibriert der Boden.“, war seine vielsagende Antwort.

Und so kam es auch. Am Wochenende (14.-15.09.) fand das eigentliche Festival statt. Stammesgruppen aus den meisten Teilen der Insel kamen zum Singen und Tanzen zusammen. Im Laufe des Vormittags wuchs ihre Zahl zusehends, ein Areal größer als ein Fußballfeld füllte sich mit Tänzern. Mittags vibrierte tatsächlich die Erde von ihrem Stampfen und mit ihren Klängen und Gesängen versuchten sie sich gegenseitig zu überbieten. Ein Rausch der Farben, der Federn, der Kostüme tat sich vor uns auf. Wir waren überwältigt, die Kamera hatte Hochbetrieb. Wir beide waren mittendrin, so wie wir es zu Hause erhofft hatten – unser Wunschtraum hatte begonnen.

Neben verschiedenen eher kriegerisch anmutenden Stammestänzen fiel uns vor allem ein kurioser Sitztanz auf, der von verschiedenen Gruppen gezeigt wurde. Wir nannten ihn „Head-Shaking-Dance“, denn die Tänzer schütteln dabei mit enormer Geschwindigkeit ihren Kopf. Er wird von Männern und Frauen gemischt getanzt, die sich zwischen der Kopfschüttelei schnell an Schultern, Hüfte und Wangen berühren – und das ist das Ziel. Stanley erklärte uns, dass dies ein Tanz für noch nicht verheiratete junge Leute ist, die sich dabei näher kommen. Das rasante Kopfschütteln scheint also nur Ablenkung zu sein.

Der Beliebtheit und dem Beifall nach nicht zu überhören war die „String Band“. Aus einer Art liegenden Bambusorgel holten die Jungs mit Flip-Flops Töne hervor, die mit Gitarrenzuspiel ganz modern klangen. Einheimische, Touristen und Tänzer ergaben ein buntes Durcheinander, das dem Rhythmus folgte – fast ein Ohrwurm, den ich heute noch manchmal nachsumme.

Es würde den Rahmen dieses Reiseberichts sprengen, all die anderen Tanzgruppen, die wir an den beiden Tagen in Goroka erlebt hatten, aufzählen und beschreiben zu wollen. Die Vielfalt war für uns einfach überwältigend. Hunderte von Bildern sowie kurze Movies sind dabei entstanden und belegen unsere Freude. Außerdem stand ja noch das Festival in Kutubu auf dem Plan. „Ist Goroka noch zu toppen?“, war unsere Frage an den Guide. „Ihr werdet sehen!“, meinte er fast salomonisch.

Über naturbelassene Straßen, d.h. Schotterpisten, vom Regen ausgewaschen, mit tiefen LKW-Spurrinnen und seeartigen Pfützen, ging die Fahrt mit dem Geländewagen von Goroka an Mount Hagen vorbei zur Kumul Lodge, die in den Highlands auf ca. 2800 m Höhe liegt. Wenn die Straße besonders holprig war und wir durchgeschüttelt wurden, drehte sich unser Fahrer Martin um und grinste mit seinem betelnussroten Mund. Das bedeutete: Ich habe alles im Griff. Was eine solche Autofahrt doch ausmachen kann – wir vier verschmolzen zur Reiseeinheit und Stanley nannte uns ab jetzt „Family“.

Nach zwei Nächten in der Kumul Lodge bei 10 – 12 °C (wir zogen alles an) und Beobachtung von Paradiesvögeln, die eher selten kamen, lernten wir das Dorfleben mit Tänzen in Alkena bei Tambul kennen. Welch eine Ehre! Es wurde nur für uns zwei getanzt, keine Touristen weit und breit, ein Hochgenuss. Dann führte uns der Weg weiter auf den uns schon bekannten Naturstraßen nach Mendi und schließlich nach Daga, dem Ort des Kutubu-Festivals am Wochenende nach dem Unabhängigkeitstag. Wir waren gespannt.

Ist Goroka zu toppen? Beide Festivals sollten nicht gegeneinander aufgewogen werden, denn sie haben ihre speziellen, eigenen Reize. Das Tanzareal in Kutubu ist deutlich kleiner, dadurch wirkt das Tanzgeschehen für den Zuseher intensiver. Außerdem treten dort Stammesgruppen auf, die in Goroka nicht zu sehen waren. Am Eröffnungstag gab es durch Schüler die feierliche Zeremonie der Flaggenhissung und der Kulturminister von PNG hielt eine Rede zum Erhalt der Stammeskulturen. In Goroka war er nicht zugegen, Kutubu gewinnt an Bedeutung. Am dritten und letzten Tag fand eine Tanzveranstaltung mit Bootsrennen am Kutubu Lake statt – leider dann bei strömenden Regen. Aber auch das haben wir unter dem Schirm fotografisch festgehalten.

Was bleibt von unserer Reise als Fazit? Eine Wunschvorstellung hat sich für uns beide erfüllt, wir waren mittendrin im Kulturgeschehen fremder Stämme. Wir hatten Anteil am Dorfleben, wurden als Freunde aufgenommen, schüttelten Hunderte von Händen und wurden umarmt, als wären wir alte Bekannte. Ich war schon viel auf Reisen, auf fast allen Kontinenten, habe aber noch selten so freundliche, lachende und auf den Fremden zugehende Menschen getroffen wie in PNG. Wer kennt nicht die leider oft anzutreffende „Foto-Dollar-Währung“, die auf Dauer zum Ärgernis werden kann. Dass sich Menschen, ob auf den Märkten, in den Dörfern oder unterwegs, sich für das Foto aber bedanken und mit einem selbst fotografiert werden wollen, ist eher selten. Hoffentlich bleibt das in PNG noch lange so.

Schon während der Reise kam uns das Motto „Friends meet Friends“ in den Sinn und gewann zum Schluss für uns noch an Bedeutung. Das setzt aber voraus, dass man selber bereit ist, als Freund zu kommen und auf Augenhöhe fremden Menschen und ihren Stammeskulturen zu begegnen. Die Menschen von PNG haben es uns diesbezüglich nicht schwer gemacht. Wir sind dafür sehr dankbar.

Ella Katharina und Klaus K.

München 2019

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