Unsere Touristenführerin
Felsengrab der Nabatäer in Mada‚in Salih (Hegra), Al-‘Ula
Kamelreiter in der Ostprovinz
Handwerksmarkt

Reisebericht

Saudi-Arabien – ein unentdecktes Land, und die digitalen Zwänge bei Reisen in Zeiten von Corona

Robert Hector, 26.01.2022

Vorab: Die Reise durch Saudi-Arabien war für mich ein tief bewegendes Erlebnis. Das Land, die Geburtsstätte und geistige Heimat des Islam, war bisher für Touristen verschlossen, die Erwartungshaltung vor der Reise demnach gemischt. Wir erlebten dann im Land sehr gastfreundliche Menschen, die offen mit uns kommunizierten, ein leckeres Essen, grandiose Wüstenlandschaften, faszinierende kulturelle Stätten und moderne Städte. Ich fand den Kontrast zwischen den ultramodernen Wolkenkratzern von Riad und uralten Felsgravuren in der Wüste faszinierend. Überhaupt waren die Fahrten durch die Wüste mit ihren vielfältigen Formationen und Felsschluchten impressiv. Das Rote Meer, die Altstadt von Jeddah, die Vorbeifahrt an der heiligen Stadt Mekka – das prägte sich im Gedächtnis ein.

Aber der Reihe nach.
Vor einer Reise stellt sich bei mir immer Lampenfieber ein, aber diesmal war es extrem. Schnell stellte sich heraus: ohne Computer und Smartphone geht gar nichts. Obligatorisch wurden benötigt: ein elektronisches Visum, eine elektronische Reiseanmeldung, der Nachweis einer Reise-Krankenversicherung, die auch die Kosten einer Covid-Erkrankung abdeckt, einen aktuellen PCR-Test, und die Installation der Tawakkalna-App (ein Analogon zur Corona-Warn-App), der Nachweis, das man komplett gegen Covid-19 geimpft ist. Die App auf das Smartphone zu laden klappte zwar mühelos, aber die Aktivierung war trotz aller Versuche in Deutschland nicht möglich. Letztlich stellte sich heraus, dass die App erst vor Ort in Saudi-Arabien aktiviert werden konnte.

Beim Einchecken am Frankfurter Flughafen wurden dann auch alle Formulare verlangt, und als ich endlich glücklich die Bordkarte in der Hand hatte und zur Sicherheitskontrolle ging, stand dort eine gefühlt 300 Meter lange Menschenschlange. Der Blick auf die Uhr trieb mir angesichts der nahenden Abflugzeit die Schweißperlen auf die Stirn, aber auch dieses Hindernis wurde überwunden.

Nach etwa sechs Stunden Flug wurde Riad erreicht. Die Einreiseformalitäten waren schnell erledigt, aber man musste alle Formulare vorlegen können. Spätabends ging es durch das hell erleuchtete Riad zum Hotel, wo nach dem Abendessen mit einigen Mühen endlich die Tawakkalna-App aktiviert wurde.

Am nächsten Tag stand eine Stadtbesichtigung von Riad auf dem Programm. Der Al-Murraba-Palast war der Wohnort von König Abd al-Aziz, der Anfang des 20. Jahrhunderts die verschiedene Stämme des Reiches (nicht ohne militärischen Zwang) einigte und den Grundstein für das moderne Königreich legte. Es folgte ein Besuch des Marktes, der durch den Ruf des Muezzins zum Gebet unterbrochen wurde. Das Nationalmuseum war aufgrund technischer Probleme geschlossen, als Alternative besuchten wir den einem gigantischen Flaschenöffner ähnelnden Kingdom-Tower, ein Wolkenkratzer mit grandiosem Ausblick auf die moderne Stadt.

Spätabends folgte der Flug von Riad nach Hail im Nordwesten des Landes. Die Stadt liegt auf dem Pilgerweg zwischen Bagdad und Medina. In der Nähe sind die Felszeichnungen von Jubbah zu besichtigen, die aus verschiedenen Zeitaltern stammen, die ältesten Gravuren sind 10.000 Jahre alt. In Hail selbst besuchten wir ein Fort und mehrere Handwerksbetriebe.

Über eine gut asphaltierte Straße ging es weiter durch die Wüste Richtung Nordwesten nach Al Ula. Kamelherden kreuzten zeitweise die Straße. Die Gegend um Al Ula ist geprägt durch fantastische Felsformationen. Der „Elefant Rock“ ist inzwischen ein Ziel vieler Touristen, ebenso wie die Felsgräber der Nabatäer. Mada`in Saleh war einst die Hauptstadt des nabatäischen Königreichs, bevor später Petra im heutigen Jordanien zum Zentrum aufstieg. Direkt hinter dem Shalal-Camp, wo wir übernachteten, lag eine mehrere hundert Meter lange Felsspalte, die bei Nacht künstlich beleuchtet wurde. Ein Höhepunkt in Al Ula war für uns das äußerst schmackhafte Frühstück in einem jemenitischen Restaurant.

Weiter ging’s mit unserem Bus in die Provinz Tabuk. Wir besichtigten einen Bahnhof der Hedschas-Bahn, die Erinnerungen an Lawrence von Arabien weckt, und das Wadi Qaraqir, eine 15 Kilometer lange Felsschlucht. Schließlich erreichten wir die Stadt Duba am Roten Meer.

Entlang des Roten Meers besichtigten wir am folgenden Tag ein abgestürztes Flugboot-Wrack und eine Felsenschlucht namens Tayyib Ism. Dort, wo die Schlucht am Meer endet, teilte Moses angeblich das Rote Meer, damit sein Volk aus der ägyptischen Gefangenschaft fliehen konnte. Am nächsten Morgen flogen wir von Tabuk nach Jeddah, dem „Tor nach Mekka“. Die historische Altstadt, die derzeit renoviert wird, besteht aus Gebäuden, die aus Korallensteinen gebaut wurden. Diese erinnerte mich an Bauten im Jemen. Imposant war ein Spaziergang entlang der Strandpromenade von Jeddah.

Der letzte Tag der Reise führte uns in den Höhenort Ta`if. Auf dem Weg dorthin passierten wir Mekka auf einer der Ringstraßen und konnten einen Turm der Großen Moschee sehen. Der Besuch von Mekka ist für Nicht-Moslems nicht möglich, aber selbst nur die Vorbeifahrt an dieser heiligen Stätte hatte etwas Magisches an sich. Auf der Rückfahrt von Ta`if benutzten wir eine Seilbahn ins Tal mit tollen Ausblicken.

Abends folgte dann der Flug von Jeddah nach Riad, und von dort dann kurz nach Mitternacht der Rückflug nach Frankfurt. Wieder wurde es spannend: für den Zutritt zu den Flughäfen war das Vorzeigen der Tawakkalna-App unbedingt erforderlich, und irgendwie hatte ich Ängste, dass vielleicht der Akku des Smartphone leer sei oder gar das Smartphone auf den Boden fiel und nicht mehr funktionierte. Irgendwie ist mir ein Papierausdruck immer noch lieber als eine digitale Anzeige. So waren alle Mitreisenden schließlich froh, im Flieger nach Deutschland zu sitzen und nach alkoholfreien Tagen Bier oder Rotwein zu genießen.

Das arabische Essen war sehr gut, viel Reis, viele Gewürze, Lamm, Huhn, Kaffee, Fruchtsäfte. Essen im Sitzen auf dem Boden verlangte zuweilen sportliches Geschick. Die Unterkünfte waren zum Teil riesig, die technischen Installationen bargen mancherlei Überraschungen (trickreiche Duschen usw.). Unser deutscher und auch arabischer Reiseleiter führten uns sicher und kenntnisreich durch ein Land, das sich langsam dem Tourismus öffnet. Als Individualtourist wäre man hier relativ verloren, zumindest bräuchte man arabische Sprachkenntnisse, und man müsste Einblick in die öffentlichen Verkehrsverbindungen erlangen. Die drei Inlandsflüge ersparten uns mühevolle und langwierigen Busreisen. Es war aus meiner Sicht eine sehr interessante und gelungene Reise, mit vielen Eindrücken von einem Land, das bei uns mit Vorurteilen behaftet ist. Und der Stress der Zeit vor der Einreise (siehe oben) und vor der Rückreise war schnell verschwunden, zumindest zu dem Zeitpunkt, als Tawakkalna funktioniert hat.

Pilger in Dschidda (Jeddah)
Saudische Frau
Festung Zabal (Za'abal) in Sakaka, Wehrburg im Norden des Landes
Brunnen in der Nadschd-Region (Najd)
Im Zentrum von Riad (Riyadh)