Die vielleicht schönstgelegene Lodge im ganzen Khumbu in Dzonghla
Ein letzter Blick zurück auf Mount Everest und Lhotse
Abendstimmung mit Ama Dablam im Lobuche Hochlager
Boudhanath – die größte Stupa im Kathmandutal

Reisebericht

Khumbu Total – 3 Pässe und 9 Gipfel im Everest-Gebiet

Markus Walter, 27.01.2023

Eigentlich hätte die Tour als „Jubiläumsreise“ anlässlich „20 Jahre DIAMIR“ schon zwei Jahre eher stattfinden sollen, aber nachdem die Herbstsaison in Nepal 2020 und 2021 fast komplett ausfallen musste, war es im Oktober 2022 dann endlich soweit: auf den Spuren der allerersten DIAMIR-Nepalreise ging es ins Everest-Gebiet! Nicht weniger als 10 Gipfelziele und 3 Passüberschreitungen standen auf dem überaus ambitionierten Programm. Mit Blick auf die beachtliche Herausforderung hatten sich erstaunlich viele Interessenten gemeldet, aber wie das dann oftmals so ist: bei dem einen passt der Termin nicht, der andere bekommt keinen Urlaub, bei der dritten kommt was dazwischen…

So waren es am Ende doch nur 6 Teilnehmer, die Anfang Oktober in Kathmandu aus dem Flugzeug stiegen. Das Wetter war für die Saison äußerst ungewöhnlich: immer wieder Regenschauer und besonders in den Bergen hingen die Wolken sehr hartnäckig fest, obwohl doch der Monsun längst vorbei sein sollte. So waren wir froh, trotzdem ohne Verzögerungen nach Lukla zu fliegen, denn dieser spektakuläre Flug ist bekanntlich nur bei guter Sicht und entsprechend stabiler Wetterlage möglich. Bei der Ankunft in Lukla strahlend blauer Himmel und bestes Wetter – so hätte es weitergehen können, aber der Wetterbericht sagte leider anderes voraus… Immerhin kamen am ersten Trekkingtag auf der kurzen Etappe bis Phakding kurze Hose, T-Shirt und Sonnenbrille zum Einsatz – es ging also erstmal gut los. Schon am nächsten Tag dann erste wetterbedingte Anpassung: Aufstehen um 5:00 Uhr früh, schnelles Frühstück und extrem zeitiger Start – immerhin kamen wir so noch fast bis Namche Bazar, bevor der Regen einsetzte. Die leckere Pizza im Sherpa Barista hellte die trübe Stimmung aber schnell wieder auf. Unser planmäßiger Ruhetag in Namche war dann ziemlich komplett verregnet. Auch das war kein Problem, denn erstens kann man im neu gestalteten Sherpa-Museum am Ortsausgang Stunden zubringen und zweitens gab‘s da ja die leckere Pizza sowie Kaffee und Kuchen in Hermann Helmer‘s German Bakery… Erst tags darauf wurde der Regen dann echt lästig: auf der Etappe bis Thame wurden die Regenjacken einem echten Härtetest unterzogen. Als am warmen Lodge-Ofen dann alles dampfte und trocknete und das Kartenspiel auf den Tisch kam, war die Welt jedoch schnell wieder in Ordnung. Apropos Kartenspiel: mangels entsprechender Vorsorge hatten wir in Namche noch schnell zwei Pokerspiele gekauft und daraus ein improvisiertes Doppelkopfblatt gebastelt – das sollte sich im Nachhinein als die wichtigste und beste Entscheidung der ganzen Tour herausstellen! ;-)

Am 7. Reisetag stand mit dem 5368m hohen Sunder Peak schon der erste Gipfel auf dem Programm. Der viele Regen der letzten Tage war oberhalb 4500m natürlich als Schnee gefallen und sorgte dafür, dass auf auf dem 4975m hohen Vorgipfel Schluss für uns war. Schon der Weg bis dorthin war – teilweise knietief in heiklem Bockgelände durch nassen Neuschnee spurend – alles andere als eine „Eingehtour“. Immerhin erwischten wir am Gipfel sogar mal ein paar sonnige Minuten und durch die Wolken ließen sich die ersten 6000er erspähen.
Die nächsten paar Tage dann immer das gleiche Bild: früh zeitig strahlend blauer Himmel (und eisige Kälte!) – aber schon am Vormittag war alles in dichte Wolken gehüllt, spätestens zum Nachmittag dann einsetzender Regen. Hier wurde das enorme Fitnesslevel unserer kleinen Gruppe zum riesigen Vorteil: wenn man schneller als der Regen ist, bleibt man nicht nur trocken, sondern erhascht sogar den einen oder anderen Bergblick, bevor alles dicht macht. So erspähten wir vom 5360m hohen Renjo La und dem exakt gleich hohen Gokyo Ri jeweils sogar kurz den Everest, bevor alles zuzog.
Apropos Gokyo Ri: Roland‘s Zeit von 42min ab Lodge bis zum Gipfel (immerhin 610 Höhenmeter!) sagt vielleicht einiges aus über das Tempo, mit dem wir hier teilweise unterwegs waren und von anderen Trekkern oft ungläubige Blicke ernteten… ;-)

Zurück in der Lodge in Gokyo hatten wir dann auch ein echtes Problem: das WiFi im ganzen Ort funktionierte schon seit 2 Tagen nicht und damit gab‘s auch keinen Wetterbericht (plus Dutzende unglückliche Trekker im Ort, die ihre Instagram- und Facebook-Accounts nicht füttern konnten – was für ein Drama!). Zum Glück gibt‘s für jedes Problem eine Lösung – und unsere Lösung lag auf dem Gipfel des 5060m hohen Phangka Ri. Dort stehen nämlich die Richt-Antennen, die das gesamte Gokyo-Tal mit mobilem Internet versorgen. Also einfach mal eben hinauf gestiegen, den Router neu gestartet und Schwupps hatten wir plötzlich sogar auf dem Gipfel 5 Balken WiFi – und das mitten im Himalaya!
Der Wetterbericht, den wir dadurch nun endlich wieder empfangen konnten, verhieß allerdings gar nichts gutes: 24 Stunden Dauerregen am nächsten Tag! :-(
Kurzerhand wurde dieser also zum Ruhetag umfunktioniert und unsere improvisierten Doppelkopfkarten erwiesen sich einmal mehr als ganz großer Wurf.

Mit einem Tag Rückstand auf unser geplantes Programm erreichten wir so das Basecamp am Nirekha Peak. Inzwischen hatte das Wetter endgültig auf Nachmonsun-Modus umgeschaltet: d.h. ab sofort nonstop Kaiserwetter bis zum letzten Reisetag! Der gefallene Neuschnee allerdings, der uns auf dem Nirekha-Nordwestgrat erwartete, bereitete uns reichlich Kopfzerbrechen. Versuchen muss man es natürlich trotzdem und immerhin erreichten wir am 6169m hohen Gipfel mehr als 5900m, bevor wir endgültig im grundlosen Steilpulver steckenblieben. Schon allein das grandiose Video, auf dem unser bärenstarker Sherpa-Guide Mingmar sich brusttief (!) spurend einen 50°-Steilhang hinauf fräst, war die Anstrengung trotzdem wert. Und die großartigen Blicke in die Südwand des 8201m hohen Cho Oyu natürlich auch.

Tags darauf, nach der landschaftlich großartigen Etappe über den 5420m hohen Cho-La-Pass und auf der Sonnenterrasse der für mich schönstgelegenen Himalaya-Lodge überhaupt sitzend, waren Mühe und Misserfolg schon wieder vergessen. Über den sehr selten bestiegenen Awi Peak (5245m) ging es ins Lobuche-Hochlager, den perfekten Ort schlechthin für Sonnenuntergangs- oder auch Nacht-Fotos im Everest-Gebiet. Blöd nur, dass man irgendwann auch möglichst zeitig in den warmen Schlafsack muss, wenn man Tags darauf in aller Herrgottsfrühe ausgeruht auf einen 6000er steigen will…

Der Lobuche East verwöhnte uns mit perfekten Bedingungen und schnell war die Gipfelschulter erreicht. Viele Gipfelaspiranten geben sich mit diesem Punkt zufrieden, doch wie heißt es so treffend: „Oben ist, wo es überall nach unten geht!“ Das Spuren über den ausgesetzten Grat und die Fixseilversicherung bis ganz nach oben nahmen nochmal fast zwei Stunden in Anspruch, ehe tatsächlich der mit 6090m höchste Punkt erreicht war…

Die kommenden Tage jagte ein Höhepunkt den anderen: Kala Pattar (5648m), Kongma La (5535m), Chhukhung Ri (5550m), Chhukhung Tse (5873m) – immer bei perfektem Wetter, immer mit großartigen Ausblicken, immer mit einer bestens gelaunten Gruppe! Konnte das überhaupt noch getoppt werden?
Und wie! Der 6189m hohe Island Peak hielt nicht nur für unseren Gruppenältesten Wolfgang einen neuen persönlichen Höhenrekord bereit, sondern beeindruckt hat uns alle vor allem das WIE: wenn man früh als letzte Gruppe im Basecamp startet, unterwegs 78 andere Bergsteiger überholt und dann als erste oben auf dem Gipfel in der Sonne sitzt, dann merkt man, was gute Akklimatisation und Fitness wert sind! :-)

Auf dem Rückweg nach Namche Bazar wartete mit dem 5073m hohen Nangkar Tshang nicht nur der letzte Gipfel auf uns, sondern auch das Morgengebet der Mönche im Kloster Tengboche oder der sensationelle Apfelkuchen in der Everest Bakery in Khumjung gehören zu den Erlebnissen, die wohl für immer in Erinnerung bleiben.
Und da das Wetter nun tatsächlich bis zum allerletzten Tag perfekt mitspielte, gelangen auf dem Rückweg über Namche Bazar nach Lukla auch all die Fotos, die uns das Regenwetter auf dem Hinweg noch verwehrt hatte. Auch der Rückflug verlief reibungslos und in Kathmandu sorgten zum Abschluss eine spontane Sightseeing-Tour nach Bhaktapur und Bodhnath sowie das farbenfrohe Diwali-Festival noch für einen spektakulären Abschluss.

Fazit: 9 von 10 geplanten Gipfeln erreicht, gemeinsam als Gruppe eine großartige Zeit erlebt, gigabyteweise Speicherkarten mit tollen Fotos gefüllt, von Regen und Neuschnee nicht unterkriegen lassen, neue Freundschaften gefunden und dem ganzen Gokyo-Tal das Internet zurückgegeben… auch wenn man wie ich schon 20x in Nepal war, ist jede neue Reise hier immer wieder ein Erlebnis der absoluten Extraklasse!

Markus Walter
Geschäftsführer und Gründer DIAMIR Erlebnisreisen

PS:
Die nächste Nepal-Sondertour ist übrigens schon in Planung… ;-)

Gruppenfoto im Nirekha-Basislager
Der kleine Ort Gokyo am gleichnamigen, türkisfarbenen See
Lobuche Hochlager mit Ama Dablam
Trekking vor dem kühnen Gipfel der Ama Dablam
Es geht vorbei an einem kleinen See nahe Dzonghla
Die Gipfel des Khumbu in Wolken und Sonne
Beim Trekking im Everestgebiet sieht man oft die kühne Ama Dablam
Blick in die gewaltige Lhotse-Südwand
Ein Yakschädel vor dem 6000er Arakamtse
Aufstiegsroute am Nirekha Peak (6169m)
Aufstieg am 6169m hohen Nirekha Peak
Das malerisch gelegene Sherpadorf Khumjung
Namche Bazar
In dem kleinen See auf dem Khumbu-Gletscher spiegeln sich Taboche, Cholatse und Arakamtse
Schneegipfel und Blumenmeer – das gibt's so wohl nur in Nepal
Ein Mandala zum Diwali-Fest, bestehend aus Reis, Bohnen und Linsen
Kloster Tengboche vor der Lhotse Südwand
Das idyllisch gelegene Hochlager am Lobuche East
Das berühmte Pfauenfenster in Bhaktapur
Unser Guide Darinji Sherpa unterwegs am Nirekha Peak
Das Kloster Tengboche
Abseilen am Nirekha Peak
Zum höchsten Punkt des Lobuche East (6090m) führt dieser schmale Schneegrat
Trekking auf dem Khumbu-Gletscher
Die kleine Nichte unseres Sherpa-Guides Darinji
DIAMIR-Geschäftsführer Markus Walter auf dem Gipfel des Island Peak
Gruppenfoto auf dem Kala Pattar mit Mount Everest (8848m) und Nuptse West (7732m)
Der spektakuläre Gebirgsflugplatz von Lukla (2800m)
Gruppenfoto vor der Zongla Inn Lodge
Die spektakuläre Hängebrücke bei Monjo
Abstieg vom Island Peak (6189m)
Trekking vorbei an Mani-Steinen mit Blick auf die Ama Dablam
Landschaftlich großartiges Trekking zu Füßen der Ama Dablam