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Nagaland Aoleng Fest

Reisebericht

Indien • Myanmar – Von Nashörnern und Nagas zu den goldenen Pagoden

Klaus und Waltraud Wagner, 14.07.2016

17 Tage Kultur und Naturexpedition-Pilotreise

Diese ungewöhnliche Reise ist so noch nie von irgendeinem Reiseanbieter durchgeführt worden und hat unsere Erwartungen an Ursprünglichkeit und Einzigartigkeit voll erfüllt.

Sie hat unsere Minireisegruppe von 5 Teilnehmern in Gegenden und zu den dort lebenden ethnischen Minderheiten Nordostindiens und Myanmars geführt, die noch weitgehend von den Schattenseiten des Tourismus verschont geblieben sind. Wir haben diese Menschen noch in ihrem natürlichen Umfeld erleben dürfen, bei ihrer täglichen harten Arbeit, bei ihren Traditionen und Bräuchen.

Zunächst aber konnten wir im Kaziranga-Nationalpark bei angenehmen Temperaturen auf dem Rücken von Elefanten und per Jeep die erstaunlich vielfältige Tierwelt bestaunen. Besonders die dort lebenden seltenen Panzernashörner haben uns in Ihrer Vielzahl überrascht, aber auch einige wilde Elefanten haben unseren Weg gekreuzt. Einem Tiger sind wir leider oder Gott sei Dank nicht begegnet.

Unser erstes Highlight dieser Reise war der Besuch der Konyaks in der Umgebung bei Mon. Die Konyaks gehören zu einem der Nagastämme hier im Nagaland, die noch bis in die 1960er Jahre als überall gefürchtete Krieger einer Form der rituellen Kopfjagd nachgingen. Die unterschiedlichen Stämme der Konyaks unterscheiden sich insbesondere an ihren Tätowierungen im Gesicht und am Körper. In einem kleinen Dorf konnten wir dann das Aoling Fest der Konyaks miterleben und waren schon sehr früh morgens bei den Vorbereitungen dieses Festes dabei, auf dem das neue Jahr und der Frühling begrüßt werden. Dieses große Fest der Konyaks wird kaum von westlichen Touristen besucht. In diesem etwas abseits gelegenen Dorf konnten wir noch besonders hautnah die Ursprünglichkeit spüren und wurden von den Dorfbewohnern freundlich aber mit etwas Abstand aufgenommen.

Es war überwältigend, zu erleben, wie sich im Lauf des Vormittages die Frauen und Männer in Ihren farbenprächtigen Trachten bei Ihren Tänzen unter Trommelmusik und gelegentlichem Abknallen ihrer Vorderladerflinten regelrecht in einen gewissen Rauschzustand hineinsteigerten. Wenn man bei diesem Spektakel in die Gesichter der männlichen Tänzer schaute, da war man dann doch froh, dass die Kopfjagd endgültig der Vergangenheit angehörte und wir uns um unsere Köpfe wohl nicht fürchten mussten.

Auch wenn die Fotografen unter uns bei diesem farbenprächtigen Fest ebenfalls in einen Rauschzustand des Fotografierens versetzt wurden, so haben es unser Reiseleiter Rafael und der einheimische Reiseführer Azu es für angebracht gehalten, das immer hektischer werdende und vom Alkohol angetriebene Fest gegen Mittag zu verlassen. Mit unseren Jeeps fuhren wir auf engen, staubigen und überwiegend unbefestigten Gebirgspisten in die abgelegene indisch-burmesische Grenzregion. Im verschlafen wirkenden kleinen Dorf Longwa, durch deren Mitte die Grenze zwischen Indien und Myanmar verläuft, konnten wir in einem Haus ältere Männer beim Opiumrauchen beobachten. Eine Einladung dabei teilzunehmen haben wir dankend abgelehnt. Es warteten ja noch einige Stunden Fahrt bis Jorhat auf uns.

In den nächsten Tagen haben wir hoch in den Bergen im malerisch gelegenen Dorf Khonoma die Bergfestung Khonoma Fort Semoma besichtigt. Dieses Fort der Nagas wurde zwischen 1825 und 1990 dreimal von den englischen Kolonialtrupppen militärisch eingenommen und zerstört. Das Ziel dieser militärischen Operationen, die wilden Nagas endgültig zu besiegen und von ihrer Kopfjagd abzubringen, ist Ihnen jedoch bis in die jüngste Neuzeit nicht gelungen. Die Lage des Dorfes und seine freundlichen und etwas scheuen Einwohner haben uns sehr beeindruckt. Das auf einem schmalen Bergkegel gelegene Dorf erinnerte uns mit seinen Befestigungsmauern stark an Machu Picchu in Peru.

Am späten Nachmittag hat uns dann der Besuch des kleinen Waisenhauses „Friends of the Hill People“ in Kohima sehr beeindruckt. Wir wurden dort überaus herzlich vom Sohn der Leiterin des Hauses empfangen und von den Waisenkindern mit Musik und Gesängen unterhalten. Zu sehen, mit welcher Freude und Inbrunst die kleinen und großen Waisenkinder trotz ihres Verlustes der Eltern hier für uns gesungen und getanzt haben, das war sehr bewegend. Zu erleben, mit welcher Disziplin sie ihre täglichen Pflichten und Aufgaben im Heim erledigten und sich gegenseitig dabei halfen, hat uns von der guten Führung dieses Waisenhauses überzeugt.

Zur Zeit unseres Besuches lebten dort etwa 80 Waisenkinder zwischen 3 bis 18 Jahren, die hier im Haus zuerst Grundschulunterricht erhalten und später auch bei der Berufsausbildung weiter betreut und gefördert werden. Das Waisenhaus wird privat von einer Frau mit ihrem Sohn betrieben ohne Unterstützung irgendwelcher Hilfsorganisationen und nur mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung.

Bei unserem Grenzübergang von Tamu in Indien nach Myanmar bei Moreh konnten es die Grenzbeamten kaum glauben, dass wir weder Geschäftsleute noch Abenteurer waren. Touristen, nur aus Interesse an Land und Leuten und dann sogar noch sechs Leute von dieser Sorte gleichzeitig, hatten die Grenzbeamten seit Öffnung des Grenzortes vor einem Jahr auch für Ausländer noch nicht gesehen.

Als wir die Grenze zum mehrheitlich buddhistisch geprägten Myanmar überschritten, wurden wir gleich mit der ersten großen Wahrheit des Buddhismus überrascht „Leben ist Leiden“.

Denn nach den gut erträglichen Temperaturen um 25° C in Nordostindien wurden wir in den waldreichen Bergen von Myanmar trotz einer Höhe von um die 2500 Metern über NN nunmehr von Temperaturen so um die 45° C überrascht. In den folgenden Tagen entlang dem Chindwinfluss ins Gebiet der ethnischen Minderheiten der Chin hatten wir auf den kurvenreichen und langen Fahrten in den waldreichen Bergen ringsum unter der Hitze zu leiden. Zur Erhöhung unseres Leidensweges mussten zum Schutz der Motoren unserer Allradfahrzeuge bei den Fahrten bergauf die Klimaanlagen abgestellt werden und hin und wieder die gequälten Motoren auch noch mit Wasser aus Fässern am Wegesrand gekühlt werden.

Zu unserer Entschädigung wurden wir in den 2 Tagen auf dem Weg entlang dem Chindwinfluss über Monywa bis Bagan mit dem Besuch eindrucksvoller Monumente belohnt. Dazu zählten:

Die prunkvolle Thanboddhay-Pagode die innen und außen mit 500.000 Buddhabildern verziert ist aber auf uns etwas überladen wirkte. Bei der Boditahtaung-Pagode sahen wir den größten liegenden Buddha Myanmars mit 91 Meter Länge und 27 Meter Höhe sowie den größten stehenden Buddha der Welt Laykyun Setkyar Standing Buddha, 116 Meter hoch, und davor ein riesiges Feld übersät mit lebensgroßen Buddha-Statuen in Reih und Glied .

In den 947 Po Win Taung Sandsteinhöhlen können wir die größte Sammlung kunstvoller Wandmalereien und Buddha-Statuen in ganz Südostasien besichtigen.

Diese selten besuchte Anlage mit ihrem Flair der Vergänglichkeit fasziniert trotz oder gerade wegen des verfallenen Zustandes mit ihren wirklich wunderschönen Wandmalereien und Buddha-Statuen.

Unweit der Höhlen befindet sich der Shwe Ba Taung Tempel-und Klosterkomplex, der aufwendig in den Sandstein geschlagen wurde und den man von oben kommend über enge Treppen abwärts betritt.

Über das Weltkulturerbe Bagan mit seinen über 2200 von über ursprünglich 4400 Tempeln und Pagoden möchte ich nicht weiter berichten, da das Besondere dieser Reise darin besteht, möglichst viele vom Tourismus nicht oder nur wenig berührte Gebiete mit Ihren ethnischen Minderheiten zu besuchen und so starteten wir nach nur einem Tag Aufenthalt zu unserer dreitägigen Fahrt nach Kampetlet und Mindat in das Gebiet der ethnischen Minderheiten der Chin. Die Fahrt bis Kampetlet dauerte ca. 8 Stunden – Serpentinenfahrten auf holprigen engen Straßen wieder in Höhen von über 2500 Meter über NN bis wir unser einfaches aber gemütliches Resort erreichten. Es gab sogar Warmwasser, das im Gelände des Resorts in einem großen Bottich über einem Holzfeuer erwärmt und über Plastikrohre in die Hütten geleitet wurde. Für diese abgelegene arme Gegend Luxus pur.

In den nächsten zwei Tagen hatten wir viele Gelegenheiten, die ethnischen Minderheiten der Chin an Ihren unterschiedlichen und überwiegend schwarzen Gesichtstätowierungen zu erkennen, die besonders kunstfertig bei den Frauen der Chin ausgeführt sind.

Mit Fantasie begabte christliche Baptistenprister glaubten zunächst, dass die entstellenden Gesichtstätowierungen der Frauen nur dazu dienten, Konkurrenten um die Gunst ihrer unverheirateten Frauen und Mädchen abzuwehren. Denn angeblich galten Ihre Frauen bei den Männern der Tieflandbevökerung als besonders schön und damit begehrlich. Die Wahrheit war und ist wohl eher weniger spektakulär. Jedes Mädchen der Chin war stolz darauf mit Ihrer Gesichtstätowierung als Angehörige eines bestimmten Stammes erkannt zu werden.

Während in unserer westlichen Kultur immer mehr und ausgefallenere Tätowierungen auch an den normalerweise nicht sichtbaren Körperpartien regen und wachsenden Zuspruch finden, so findet hier bei den ethnischen Minderheit zumindest bei den jungen Leuten eine Abkehr von dieser Kunst statt.

Die Chin waren ursprünglich Animisten, glaubten aber schon an einen Gott und somit hatten übereifrige Baptistenpriester relativ leichtes Spiel, die Chin wie auch alle anderen ethnischen Minderheiten mit animistisch geprägtem Hintergrund von den Segnungen des christlichen Glaubens zu überzeugen. Das ist ihnen so gut gelungen, dass wir in einer kleinen Holzkirche in einem Chindorf von der tiefen Gläubigkeit der Chins tief beeindruckt waren.

Die Kirche war im Laufe des Gottesdienstes bis auf den letzten Platz besetzt. Es wurden christliche Lieder von jung und alt unter Musikbegleitung gesungen. Dabei tanzten die Kinder und Erwachsenen im Rhythmus der Musik. Es war deutlich die enge Verbundenheit der Menschen in ihrem Glauben und Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft zu spüren. Während des Gottesdienstes stillten Mütter mit bewundernswerter Selbstverständlichkeit Ihre Babys und sogar ein kleiner Hund durfte dem Gottesdienst beiwohnen ohne sofort verjagt zu werden.

Beim Rundgang durch das Dorf konnten wir die unterschiedlichen Tätowierungen der Frauen bewundern und auch ohne Scheu fotografieren. Das konnte aber nur gelingen, da die Begabung unseres Reiseführerw Rafael Solá Ferrer, mit Menschen ethnischer Minderheiten vertrauensvollen Kontakt aufzunehmen und eine entspannte und zum Teil lustige Atmosphäre zu schaffen, es uns erlaubte, Fotos zu machen, ohne den Leuten das Gefühl zu vermitteln, nur Fotoobjekte zu sein. Mit Stolz haben sie sich dann gerne fotografieren lassen und uns Ihre für uns überaus spartanisch und archaisch anmutenden Behausungen aus Holz und Bambus gezeigt. Es störte sie auch nicht, dass wir ihre Gräber aus Steinen, die mit einer Steinplatte abgedeckt waren, eingehend studierten und fotografierten.

Den Mount Victoria als dritthöchsten Berg Myanmars mit eine Höhe von etwas über 3000 Metern haben wir nicht bestiegen, da wir statt Waldwegen und Natur eine Wanderung durch abgelegene Siedlungsgebiete der Chin vorzogen.

Unserer Wanderung von Dorf zu Dorf führte uns auf schmalen Trampelpfaden bei brütender Hitze so an die 40° C durch Wälder und vertrocknete Felder steil abwärts in ein Tal, das von der anderen Bergflanke durch einen kleinen Fluss durchschnitten wurde. Der Fluss wurde von einer schmalen Hängebrücke aus Holz und Bambusstäben überspannt. Auf der anderen Seite des Flusses haben wir im kühlenden Schatten zur Stärkung für unsere nachfolgende Bergaufwanderung unser Lunchpaket zu uns genommen. Einige Portionen davon blieben übrig und wurden mit scheuer Dankbarkeit von zwei Kindern in der Nähe angenommen. Wir konnten mit Rührung beobachten, dass die Kinder nur einen Teil der Speisen selbst zu sich nahmen, den Rest aber in ihrem Tragekorb verstauten.

Der Aufstieg auf der anderen Seite des Tales war bei der Hitze und den schlechten Wegverhältnissen zumindest für mich als weit Ältester der Gruppe etwas beschwerlich. Ich war dann auch sehr froh, als ich nach ca. 12 km Wanderung bei unseren wartenden Jeeps ankam. Die Anstrengungen dieser Wanderung wurden aber durch die Erlebnisse dabei mehr als ausgeglichen. Zu sehen, wie die Menschen hier mit angespitzten Holzpfählen und bei der übergroßen Hitze so um die 40° C Löcher in die Erde der steilen und vertrockneten Felder stießen, um Ihre Bohnen und andere Gemüsepflanzen in den harten Boden zu setzen.

Auf unseren Fahrten und Wanderungen rund um den Mount Victoria begegneten uns hin und wieder Frauen mit Gesichtstätowierungen, die Holz für ihre Feuerstellen zuhause in Tragekörben auf dem Rücken trugen oder in den Wäldern Jäger mit ihren vorsintflutlichen Gewehren. Aber auch eine Gruppe erfolgreicher Jäger der Chins sind uns begegnet, die ein erjagtes und schon zerlegtes Gaur Wildrind mit sich trugen. Solche Erlebnisse werden wohl in einigen Jahren der Vergangenheit angehören.

Die Shwedagon-Pagode in Yangon ist der wichtigste Sakralbau und das religiöse Zentrum Myanmars. Sie gilt als Wahrzeichen des ganzen Landes und ist eine der berühmtesten Pagoden der Welt.

Zum krönenden Abschluss unserer Pionierreise wurden wir am späten Nachmittag in der Shewdagon-Pagode vom besonderen Zauber Myanmars tief berührt und von der goldenen Pracht der Anlage überwältigt. Auf dem Boden sitzen betende Pilger, Gesang und der Duft von Räucherstäbchen liegen in der Luft. Überall bewegen sich Gruppen von Mönchen, alt oder noch im Kindesalter. Hier konnten wir empfinden, wie tief der Buddhismus in der Bevölkerung verwurzelt ist und das Leben der Menschen so eindrucksvoll prägt. Myanmar ist das Lieblingsland Buddhas. Da lassen wir uns doch beinahe gerne beim großen Wasserfest und 40° C in Yangon mit Wasserschläuchen zur Freude der Bevölkerung dann auch noch pitschnass taufen.

Nagaland Aoleng Fest
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Kaziranga-Nationalpark Nordostindien
Kaziranga_Nationalpark Nordost
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