Reisebericht
Wrangel – die entlegenste Eisbärenbeobachtung der Welt
Wrangel – die entlegenste Eisbärenbeobachtung der Welt
Was für ein Erlebnis, am Ende der Welt auf Eisbärenbeobachtung zu gehen. Im Rahmen einer 15-tägigen Expeditionskreuzfahrt begab ich mich an einen der entlegensten Orte der Welt: die zu Russland gehörende Wrangel-Insel im Norden der Behringstraße.
Papageientaucher und verwitterte Walknochen
Die Behringstraße kann für die meisten tatsächlich als „das Ende der Welt“ bezeichnet werden. Diese Meerenge trennt die Kontinente Amerika und Asien zwischen Alaska (USA) und der Provinz Tschukotka im äußersten Nordosten Russlands voneinander. Allein schon die Anreise nach Anadyr, der Hauptstadt Tschukotkas war eine Herausforderung. Ich selbst habe mich dazu entschlossen, über Alaska anzureisen, mit einem Charterflug von Nome über die Behringstraße nach Anadyr – Flug über die Datumsgrenze!
Die 15-tägige Expeditionskreuzfahrt an Bord der „Spirit of Enderby“ führte mich einmal die Behringstraße hinauf und nach dem Besuch auf der Wrangel-Insel auch wieder hinunter zum Ausgangspunkt. Zahlreiche Zodiakfahrten in unberührten Buchten gehörten zum Aktivprogramm. Bei den unterschiedlichen Anlandungen gewann ich einen sehr detaillierten Einblick in die Natur und das Leben der in dieser Region einst lebenden Nomaden. So erlebte ich Papageientaucher aus der Nähe und bestaunte gewaltige, über Jahrhunderte verwitterte, versteinerte Walknochen.
Im Schlauchboot zu den Eisbären
Ein großes Highlight war die Anlandung am Kap Deshnjew, dem nordwestlichsten Festlandspunkt Eurasiens. Einst eine Siedlung mit etwa 10 Holzhäusern, befindet sich dort heute nur noch ein Freilandmuseum aus Ruinen. Das gewaltige Deshnjew-Monument mit seinem Leuchtturm kann man schon aus der Ferne vom Schiff aus beobachten. Wir hatten großes Glück, dass ruhige See herrschte und uns eine Anlandung an dieser ungeschützten Küste möglich war. Das war einer meiner beeindruckendsten Landgänge.
Absoluter Höhepunkt sind natürlich die Zodiakfahrten, die an der Küste von Wrangel Island stattfanden. Und natürlich waren alle 45 Passagiere aufgeregt, endlich den ersten Eisbären zu sehen zu bekommen. Und dann waren es gleich mehrere! In Windeseile ging es in die 5 Schlauchboote und dann auf Tuchfühlung zum Eisbären. In sicherem Abstand von geschätzt 25 Metern war der Bär nach wie vor unbekümmert und ließ sich geduldig fotografieren. Großartig! Ein wenig Glück gehört schon auch dazu, aber hier auf Wrangel lebt eine so große Anzahl an Eisbären, dass bei jeder der bis zu drei Touren im Jahr tolle Beobachtungen berichtet werden.
Walross-Kolonien auf Herald Island
Ganze vier Tage fuhren wir an der Küste von Wrangel entlang, nur das polare Packeis hinderte uns an einer kompletten Umrundung der Insel. Dafür fuhren wir zur kleinen Nachbarinsel Herald Island, die häufig von tosenden Stürmen heimgesucht wird. Wir hatten erneut Glück und konnten sogar kurz an Land gehen. Beeindruckender als der Landgang war aber das Beobachten der gewaltigen Walrosse, die in einer Kolonie von über 100 Tieren am Ufer und im Wasser aktiv waren. Wrangel und Herald Island sind wahre Tierparadiese, unglaublich…
Zurück von Wrangel ging die Reise in die ruhige Bucht von Kljutschi Inlet, einer oft von Nomaden genutzten Ecke in Tschukotka. Und mit wirklich sehr viel Glück gelang es unserem Expeditionsleiter Rodney Ross sogar, die Nomaden ausfindig zu machen! Wir durften sie besuchen und nach etwa zwei Stunden an Land geschah das für uns Unvorstellbare: Eine Herde von über 2.000 Rentieren wurde direkt auf unsere kleine Besuchergruppe hingetrieben, im besten Abendlicht…
Was für eine Reise, was für eine Expeditionskreuzfahrt! Gerade für alle, die schon in Spitzbergen, in der Nordwestpassage oder in Churchill waren, ein echter Geheimtipp! Ich kann es jedem wirklich nur wärmstens empfehlen!