Reisebericht

Gerewolfest und andere Höhepunkte im Tschad

Gerti Kiermeier, 23.11.2022

Hassane, unser lokaler Guide, stimmt uns zu Beginn auf die doch etwas anstrengende Tour ein: Früher bei den Karawanen sei eine absolute Disziplin nötig gewesen, damit das Unternehmen gelingen konnte. Auf unserer Tour sollte das ein bisschen ähnlich sein.

Die Hälfte unserer Nächte benutzen wir keinen Schlafsack, weil es selbst gegen Morgen zur kühlsten Zeit des Tages noch um die 24 ° hat; danach wird es etwas „kühler“ – aber nie unter 22 °. Tagsüber bewegen wir uns zwischen 28 ° bis 42 °. Die fehlende Dusche stellt sich als geringes Problem heraus. Wir haben jeden Tag in einer kleinen Waschwanne so 2 bis 3 Liter Waschwasser zur Verfügung.

Tagsüber fahren wir durch grandiose Landschaften und weil unsere Höhepunkte so weit voneinander entfernt liegen, bekommen wir richtig gut mit, über wie viele unterschiedliche Zonen der Tschad sich erstreckt und wie diese ineinander übergehen. Mit einem schnellen Inlandsflug wäre dieses Erleben nicht möglich.

Obwohl unsere Tour nur bis 100 km südlich von der Hauptstadt Ndjamena geht, durchfahren wir die Sahara im Norden, den Sahel mit seiner Trockensavanne, die Überschwemmungssavanne der Flüsse und des Tschadsees und haben angesichts der langen und ausgiebigen Regenzeit das Gefühl in immer feuchtere tropische Gegenden zu kommen.

An manchen Tagen braucht es mehrere Stunden bis wieder alle Autos dem Schlamm entrissen sind und die Fahrt weitergehen kann. Da kommt es schon mal vor, dass man ein Tagesziel nicht ganz pünktlich erreicht oder man einfach aufhört und nächtigt.

Die grandiosen Sandsteinformationen des Ennedigebirges bringen einem nicht nur mit jeder neuen Ansicht zum Staunen, sondern erinnern auch daran, dass hier einmal ein Urmeer war, das vor 5000 Jahren in einem riesigen Fluss hin zum Nil entwässerte. In den Sümpfen an diesem Fluss überlebten wohl auch die Nilkrokodile, von denen es heute im Wadi Archei noch immer ein paar Exemplare gibt. Auch wir haben eines gesehen.

Noch weiter nördlich treffen wir inmitten der Wüste auf die Seen von Ounianga. Ein Wunder, denn es ist kein Regenwasser, was sich hier sammelt, sondern eigentlich ein großer von fossilem Wasser gespeicherter See. Durch die meist gleichbleibende Windrichtung hat der Wind mit einer Dünenanhäufung den See teilweise bedeckt, so dass es heute 18 Seen auf eine Breite von etwa 60 km gibt. Als Seen erkennt man sie aber nicht alle, da einige dicht mit Schilf bewachsen sind. Manche Seen sind salzig, andere haben Süßwasser.

Unser Koch versorgt uns und die Fahrer bestens. Täglich bereitet er uns den obligatorischen heißen Bizap (Hibiskustee) vor dem Abendessen.

Etwas gemächlicher sind dann die letzten beiden Tage bei den Woodabe. Endlich dort angekommen, begrüßen uns einige der etwa 100 Personen großen Rindernomadengruppe neugierig und freundlich. Mit fast nichts ausgestattet ziehen sie mit ihren großen Rinderherden von der Zentralafrikanischen Republik durch den Tschad bis in den Niger, Kamerun, Nigeria und wieder zurück, immer entlang der Weidegründe. Am Ende der Regenzeit haben sie Zeit und Muße das Gerewolfest zu feiern. Es ist Brautschau und Erntedankfest in einem. Und am Ende wird sogar noch der Schönste der Gruppe gewählt. Diesen Schönheitskult kennen und leben in Afrika wohl nur die Woodabe. Dafür und um einer Braut zu gefallen, schminken sie sich täglich aufwändig neu für die Tänze und Gesänge. Sie verwenden dafür Sand, Erde, Pflanzensaft, Milch.

Das Gerewolfest im Tschad mit Touristen ist noch so neu, dass es nichts Unnatürliches, Vermarktetes, Aufgesetztes an sich hat. Die Woodabe haben uns eingeladen, zuzuschauen und zu fotografieren. Sie haben aber auch ganz ohne uns ihr Ding gemacht. Das Schminken und Tanzen, war für sich und nicht für uns. Man kann nur hoffen, dass dies möglichst lange so bleibt!