Pelzrobbe
Purakaunui Falls in den Catlins auf der Purakaunui Falls in den Catlins auf der Südinsel
Baumriese
Beeindruckende Landschaften überall

Reisebericht

Die Naturwunder Neuseelands

Rita und Gerhard Drokur, 30.01.2023

Hallo liebe Reisegäste,

über einen unserer Stammgäste erreichte uns ein wunderschöner Reisebericht vom vielleicht schönsten Ende der Welt: dem Land, welches Regenwälder, schneebedeckte Gipfel, goldgelbe Strände und Vulkane miteinander vereint: aus Neuseeland

Hier ein kleiner Ausschnitt:

„Die Weiterfahrt erfolgt durch urwüchsige Landschaft. Es wird bergiger und wilder, in der Ferne ragen schneebedeckte Gipfel hervor. Im stillen Wasser von Tümpeln und Seen spiegeln sich hoch aufragende, dicht bewaldete Bergwände und liefern uns eine Postkartenidylle.

Während der Fahrt legen wir kurz vor dem Homer-Tunnel einen Halt ein, um Keas kennenzulernen; eine der wenigen Papageienarten, welche außerhalb der Tropen leben. Sie sind sehr neugierig und bearbeiten mit ihren kräftigen Hakenschnäbeln gerne Türen- und Fensterdichtungen von geparkten Autos.

Die zum Fjord steil absteigende Straße wird im unteren Teil von enorm dicht bewachsenen Wäldern gesäumt. Die Schifffahrt durch den Milford Sound bei strahlendem Sonnenschein wird uns als außergewöhnliches Erlebnis ewig im Gedächtnis bleiben. Hohe Wasserfälle, dicht bewaldete Berghänge und senkrechte Felswände mit schneebedeckten Bergriesen im Hintergrund, dazu das tiefblaue, unergründliche Meerwasser schaffen einen überwältigenden Eindruck.“

Wenn Sie Freude daran finden und Sie alles lesen möchten finden Sie untenstehend den Bericht in voller Länge. Viel Vergnügen beim Lesen, Träumen und vielleicht ja auch planen.

Herzliche Grüße

Ihr Team Neuseeland, Steffen Wetzel (+49 351 31207-382), Sabrina Idjen (+49 351 31207-373) und Annette Bouvain (+49 351 31207-323)

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Unsere Reiseerlebnisse in Neuseeland

Montag, 06.Februar 2023

Am Montag, dem 06.02.2023 um kurz vor zwölf, geben wir unseren Mietwagen am Flughafen Christchurch ab. Der sechstägige Farmstay-Aufenthalt auf der Banks Peninsula eignete sich wunderbar zum Akklimatisieren. Das ist allen, welche über ein größeres Zeitkontingent verfügen, sehr zu empfehlen. Auf der Banks Peninsula reiht sich eine Bucht an die andere, in die man „von oben“ auf der hoch gelegenen Straße hinunterschauen kann. Unsere Schaffarm (6.000 Schafe, ca. 1.200 ha) lag vor der Paua Bay, in der wir eine Menge Pelzrobben (fur seal) beobachten konnten. Sie sind nicht nur scheu, sondern auch neugierig, weswegen sie nach der anfänglichen Flucht wieder zurückkehren. Dreizehn Kilometer entfernt versprüht das ehemals französische Städtchen Akaroa seinen Charme anhand pittoresker Häuser. Und wunderschöne, aber anstrengende Wanderungen bietet das 1.250 ha große Hinewai Reserve mit ursprünglichem Wald, unermüdlich betreut und gemanagt von Urgestein Hugh Wilson, der auch heute noch mit seinen 78 Jahren nur mit dem Rad unterwegs ist (und dort ist es richtig steil), auf TV und Computer verzichtet und seine Studien als Botaniker von Hand aufschreibt. Ein Ausnahmemensch, der mit seinem vollen, aber mittlerweile weißen, Haarschopf und Rauschebart im Drang nach dem Erhalt ursprünglicher Natur ein garantiert erfüllteres und zufriedeneres Leben führt als der nach immer höherem Lebensstandard strebende Normalerdenbürger.

Der zuvorkommende Angestellte (sie sind alle nett) der Mietwagen-Firma GORentals ruft uns ein Taxi, welches uns zu vernünftigen 32,60 NZ$ (1 NZ$ entspricht zurzeit 0,60 €) zum Heartland Hotel Cotswold in Christchurch bringt.

Das wie ein kleines Dorf aus Fachwerk anmutende Gebäudeensemble findet sich in unserer Hotel-Bewertungsskala (Qualität der Unterbringung, Ausstattung, Service, Restauration) ganz oben. Nach dem Motto „Der erste Eindruck…“ ein guter Schachzug von Terra Nova Tours, dem Veranstalter unserer Busreise.

Am Abend wird die 13-köpfige Reisegruppe von Walter, unserem Busfahrer, herzlich begrüßt und kurz, aber umfassend, über die vor uns liegenden 21 Tage informiert. Walter ist Deutscher und lebt seit 25 Jahren in Neuseeland, hat etliche Wohnungswechsel und Jobs hinter sich (wobei er die Inseln grundsätzlich und allumfassend kennenlernte) und hat vor zehn Jahren im ruhigeren Hafen der Terra Nova-Bucht Anker geworfen. Er ist Frühaufsteher und fast immer sitzt die sehr disziplinierte Gruppe bereits um 8:00 Uhr im Bus. Das impliziert den Run zum Frühstücksbüfett meist schon vor der Zeit.

Während der Fahrten erhalten wir von Walter alle möglichen Informationen über Land und Leute, Natur, Fauna und Flora, Ökonomisches und Ökologisches, Historie, Mentalität, Gesellschaft, auch über Hausbau (er ist gerade zum dritten Mal dabei, sich ein Häuschen zu bauen – aber diesmal wird es klappen).

Nach eigenen Worten hat er in den ersten Jahren einfach zugehört, was ihm da so erzählt wurde, sich aber mit der Zeit seine eigene Meinung gebildet – worauf er besonders hinweist. Ein kritischer Zeitgenosse, was mir behagt.

Natürlich habe ich gewisse Auskünfte überprüft, aber die von ihm stammenden Informationen konnte ich überwiegend übernehmen.

Als zusätzlicher Vorteil erweist sich Jan (unser Küken mit 35 J.), der eine Menge Zeit in Australien und Neuseeland als Backpacker verbrachte und damit über eine Menge an Erfahrung verfügt und auf seine nette Art organisiert, hilft, sucht, informiert und übersetzt.

Genug des Vorspanns und auf zu unserer Busreise!

Christchurch gilt für meine Frau und mich als schönste Stadt, die wir in Kiwiland kennenlernten. Der wunderschön angelegte botanische Garten weist an Bäumen die reinsten Giganten auf. Für mich als Baum-Bewunderer ein Labsal. Anhand der Größe von Eichen, Ulmen, Buchen, Zypressen und dergleichen mehr würde ich diesen Titanen ein Alter von mindestens 300, eher 500 oder mehr Jahren zugestehen. Das kann aber nicht sein, da diese Arten keine einheimischen sind und deswegen zuerst einmal hierher gebracht werden mussten. Was einer Zeitspanne von höchstens 240 Jahren entspricht, da Neuseeland zum zweiten Mal von James Cook im Jahre 1769 entdeckt wurde. Die Besiedelung fand demnach erst einige Jahre später statt. In Christchurch selbst tauchten die ersten Europäer erst um 1830 auf. Das wären also nur 190 Jahre, um solche Ausmaße zu erreichen. Das Geheimnis dieses Schnellwuchses liegt im besonderen Klima Neuseelands. Die Bäume wachsen im Durchschnitt viermal so schnell als bei uns.

Der eigentliche Entdecker Abel Tasman wurde 1642 von Maoris derart kriegerisch „begrüßt“, dass er noch nicht einmal seinen Fuß auf den Boden setzen konnte und schleunigst das Weite suchte. Aber auch die Maoris sind keine Ureinwohner Neuseelands. Sie besiedelten, aus Polynesien kommend, um 1300 unserer Zeitrechnung die Inseln (vornehmlich die Nordinsel).

Von den schweren Erdbeben in 2010/11 hat sich Christchurch immer noch nicht gänzlich erholt. Die zu großen Teilen zerstörte Kathedrale soll erst in 2026 wieder aufgebaut sein, hier und da klaffen Lücken in der Bebauung. Christchurch mit seinen knapp 350.000 Einwohnern beherbergt ein Drittel der 1,2 Millionen Einwohner der Südinsel. Die Stadt ist nicht eng bebaut, hier herrscht wohltuender Platz, der Verkehr hält sich in Grenzen.

Apropos Verkehr: Die Kiwis sind wirklich freundlich und helfen gerne aus oder weiter. Steht man mal irgendwo und sucht die Gegend ab, vielleicht noch einen Stadtplan in der Hand haltend, wird schon gefragt, wo man hin möchte. Sitzen sie aber im Auto, wird aus Dr. Jekyll Mr. Hyde. Ob ich abbremste, um nach einem Parkplatz Ausschau zu halten oder unschlüssig die neue Umgebung scannte – direkt wurde hinter mir gehupt. Diese Hetze ist uns aus Deutschland bestens bekannt, was wir bei den netten Kiwis nicht vermuteten.

Dienstag, 7. Februar 2023

Pünktlich um acht starten wir am Dienstag, dem 7. Februar, zu einer Stadtrundfahrt mit Halt in der City direkt an der Kathedrale. Futuristische Gebäude wie das District Court wechseln sich ab mit Gebäuden im herkömmlichen Baustil. Später schlendern wir durch die im typisch englischen Stil erbaute Universität aus grauen Steinen zwischen weißen Säulen und Fensterelementen. Das Arts Center weist dieselbe Bauart auf.

Wir verlassen die Metropole und fahren auf gerader Straße durch die Ebene der Canterbury Plain. Unterwegs wird klar: Wenn bei uns normale Bauernhöfe im Schnitt 40 Rinder/Milchkühe oder 50 Schafe halten, können wir diese Anzahl hier locker verzehnfachen. Wobei sich das Verhältnis Schafe-Rinder zugunsten der Rinder verändert hat. Ihre höchste Anzahl erreichten die Schafe 1982 mit 70 Millionen, 2019 waren es nur noch 28 Millionen. Dagegen grasen rund 10 Millionen Rinder auf Neuseelands Weiden, davon mehr als die Hälfte Kühe. Damit sind die Kiwis die weltweit größten Exporteure von Milchprodukten, vornehmlich Trockenmilch und befinden sich auch bei Rindfleisch unter den Großen.

Das Land ist weit und nur dünn besiedelt. Die Fläche Neuseelands beträgt dreiviertel der von Deutschland, die Einwohnerzahl nur sechs Prozent. Wobei auf der größeren Südinsel nur ein Viertel der gesamten fünf Millionen Einwohner leben. Schaf- und Rinderherden wechseln sich ab; und Walter muss manches Mal den Wiederkäuern den Vortritt bei der Straßenüberquerung lassen. Die Kiwis sparen bei Brücken viel Geld – sie sind, außer in größeren Städten, nur einspurig. Durch den geringen Verkehr gibt es keine längeren Wartezeiten.

Wir verlassen die Canterbury Plain nach rechts, fahren durch den Ort Geraldine und danach leicht ansteigend auf die Mackenzie-Ebene, das „High-Country“. Die Landschaft ändert sich. Große Bewässerungsanlagen schaffen noch grüne Inseln, die dem nun vorherrschenden gelben Tussockgras – große Grasbüschel, länger und dicker als normale Gräser – abgerungen sind. Der Blick fällt auf gelblich-braune Hügelketten, in deren Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der südlichen Alpen den Horizont beherrschen. Wir besichtigen eine viel beachtete Kapelle mit schön geschwungener Brücke über den hier endenden Lake Tekapo mit seinem türkis-blauen Wasser und folgen danach der linken Seite des Lake Pukaki in Richtung Mount Cook, dem mit 3.724 m höchsten Berg Neuseelands. Der optionale Rundflug um den Bergriesen fällt leider wegen schlechten Wetters aus. Das wird verständlich, je weiter wir uns ihm im Hochtal nähern – tiefhängende Wolken und beginnender Regen schirmen ihn ab. Nichtsdestotrotz machen wir eine 20-minütige Wanderung zu einer Hängebrücke bei heftigem Wind und Regen – und ich in Sandalen (aber mit Regenjacke)!

Wir fahren zur Hauptstraße zurück und nähern uns dem Tagesziel am Lake Ohau. Die zumeist in Staustufen endenden großen Seen bilden das Rückgrat der Stromerzeugung durch Wasserkraft. Neuseelands Strommix enthält 80 % aus erneuerbaren Energien, wobei Wasserkraft 57 % liefert. Auf der Südinsel sind es sogar 98 %.

Die Niederschlagsmengen sind sehr ungleich verteilt. An der Westküste erzwingen die hohen Alpen Niederschläge bis zu 10.000 mm/m². Dies sind enorme Mengen, sodass sich manche Westküstenorte auf der Skala der regenreichsten Orte weltweit ganz oben angesiedelt haben. Dadurch bleibt für die Ostküste nicht mehr viel übrig; dort liegen die Niederschläge oft unter 1.000 mm/m².

So erklären sich auch die riesigen Bewässerungsanlagen, welche sich das Wasser aus den Bergen sozusagen ausleihen. Die Staudämme und vor allem die stromerzeugenden Wasserturbinen in ihnen benötigen aber einen konstanten Wasserstand. Deshalb gehen die Kiwi-Behörden nicht sorglos mit den gewaltigen Wassermengen um und passen genau auf, dass die Agrarwirtschaft nicht unnötig Wasser verspritzt. Denn auch auf Kiwiland schmelzen die Gletscher!

Die Lake Ohau Lodge liegt wild-romantisch mitten in der Pampa, blickt auf das Tiefblau des Sees hinunter und rundum auf das Panorama der Berge. Zusätzlich pfeift uns heute der Wind kräftig um die Ohren und schraubt die Temperatur herunter. Die Zimmer sind komfortabel, das Essen prima und das Frühstück gut.

Mittwoch, 8. Februar 2023

Am Mittwoch, dem 8. Februar, fahren wir entlang des Waitaki Flusses, dem drei große Stauseen ihre Existenz verdanken, zur Ostküste zurück und besichtigen dort Oamaru, eine ehemals wichtige Hafenstadt mit einer Menge klassizistischer Bauten aus der viktorianischen Zeit des 19. Jahrhunderts. Interessant sind weiterhin Steampunk-Kunstwerke – zum Beispiel eine aus allen möglichen Stahlteilen zusammengeschweißte Eisenbahn, bei deren Ansicht Jim Knopf und Lukas jauchzen würden.

Auf dem Weg nach Dunedin bestaunen wir die Moeraki Boulders am Strand – Steinkugeln mit bis zu zwei Metern Durchmesser, welche genauso gut die Zyklopen vor vier Millionen Jahren nach ihrem Boulespiel vergessen haben könnten. Sie sollen aus Schlamm, feinem Lehm und Ton bestehen; ihr Entstehungsprozess ist aber noch nicht eindeutig geklärt.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Dunedin, geben unsere Koffer im gediegenen Kingsgate Hotel direkt in der City ab und sehen uns schon mal den Stadtkern an, welcher vom Octagon, dem zentralen Platz in der George Street, aus startet. Auch hier prächtige viktorianische Bauten wie das Rathaus und die St. Pauls Cathedral, welche sich eine Stadt leisten konnte, die aufgrund des in 1861 beginnenden „Goldrausches in Otago“ zur damals reichsten Stadt Neuseelands avancierte. So wurde auch die älteste Universität des Landes, die University of Otago, in 1869 gegründet, welche heute 25.000 Studierende (jeder fünfte Einwohner) zählt.

Auf der Weiterfahrt zur Otago Peninsula macht Walter noch einen Stopp am 1906 im flämischen Stil erbauten Bahnhof, welcher neben der Universität als Wahrzeichen Dunedins gilt. Wir staunen über dessen wunderschön mit Mosaiken versehene Halle mit ihren alten Räumen und die alten Luxus-Waggons auf den Gleisen. Hier verkehrt nur noch ein Touristenzug.

Bahnhof und Abfahrt, könnte man sagen. Dieser Spruch suggeriert Unverständnis – in Bezug auf die Fortbewegung der Kiwis in Zeiten des Klimawandels durch erhöhten CO2-Ausstoß. Reguläre Zugverbindungen existieren nur noch als Ausnahme, der Großteil des vorhandenen Schienensystems liegt brach. In den Großstädten verkehren zwar Buslinien, aber der Individualverkehr bedient sich hauptsächlich des Autos. Die Anzahl der Autos, bezogen auf die Zahl an Einwohnern, liegt gut zehn Prozent über dem Anteil in unserer BRD. USA lassen grüßen.

Auf der Otago Halbinsel besteigen wir ein kleineres Schiff, um die weltweit einzige kontinentale Kolonie von Königsalbatrossen kennenzulernen – ein außergewöhnliches Erlebnis, diese größten Langstreckenflieger der Welt mit einem Gewicht von bis zu neun Kilo und einer Flügelspannweite über drei Meter beobachten zu dürfen. Auch Robben und eine Menge verschiedener Seevögel kommen nicht zu kurz.

Am Abend besuchen Rita und ich sowie einige aus unserer Gruppe die 1876 gegründete große Speight’s Brauerei. Sie hat eine Menge guter Biere im Angebot und ist sehr zu empfehlen – auch die Küche. Die Lammhaxe an Biersauce mit gemischtem Salat mundete vorzüglich.

Wir überziehen an diesem Abend ein wenig und schlafen selig in den wie immer hervorragenden Betten.

Donnerstag, 9.Februar und Freitag 10. Februar 2023

Wir fahren immer an der Küste entlang und durch das sehr dünn besiedelte Gebiet der Catlins. Eine zerklüftete, malerische Küstenlandschaft mit dichtem, gemäßigtem Regenwald. Eine zehnminütige Wanderung durch solchen – sattgrün, absolut dicht bewachsen und feucht mit Farnbäumen und Urwaldriesen – bringt uns zu den Kaskaden der 20 m hohen Purakaunui Falls.

Und später eine halbstündige Wanderung zu einem Leuchtturm mit phantastischem Blick auf den Pazifik, tief unten sich an Felsen brechende Wellen und Felsblöcke, die wie Hinkelsteine im Meer liegen.

Über Invercargill erreichen wir Bluff, wo der Bus abgestellt wird. Mit der Fähre setzen wir recht stürmisch nach Oban auf Stewart Island über, der südlichsten und drittgrößten Insel Neuseelands. Der Kapitän könnte mit seinem wallenden roten Bart und der kräftigen Statur eher ein später Nachfahre des Norwegers Erik der Rote sein.

In Oban liegt eigentlich „der Hund begraben“ – will heißen, genau richtig, um entspannten Urlaub zu machen. Ein Supermarkt und ein ansprechendes, regelrecht familiäres Restaurant mit genügend Auswahl runden das Ambiente ab. Hier stellt man sich zuerst an den Tresen und bestellt sowohl Getränk als auch Speise.

Das ist übrigens echt kiwiisch und sehr praktisch: Die Bestellung erfolgt an der Theke, man erhält einen Wimpel mit einer Zahl, sucht sich einen Tisch aus (oder fragt erstmal), platziert den gut sichtbaren Wimpel, und das Bestellte kommt im Allgemeinen recht flott.

Der Rest von Steward Island besteht aus dicht bewachsenem gemäßigtem Regenwald, welcher zu großen Teilen als Rakiura Nationalpark geschützt ist und zu schönen Wanderungen einlädt.

Das Bay Motel liegt am Hang und ist in Ordnung. Nur das Frühstück lässt zu wünschen übrig; im Durcheinander des abgepackten Fertig-Müslis (es soll eines sein) bleibt der Löffel fast stecken. Also eher eine Notration, wenn nichts Anderes vorhanden ist.

Dieser Umstand ist völlig unökologisch: In allen Motels ist einfach alles abgepackt und hinterlässt einen Wust an Verpackungsmüll. Da müssen die Kiwis noch was lernen.

Heute verlässt uns Alexander, der während zwei Jahren ein großes Hotel am Fuße des Mount Cook gemanagt und nun bei Terra Nova angeheuert hat. Die paar Tage mit uns hat er quasi zur Einarbeitung verbracht. Ein hilfsbereiter, netter Kerl, der Gruppenerfahrung beweist. Er soll unser Motel auf Vordermann bringen. Ich gehe davon aus, dass er dem Müll den Kampf ansagen und hoffentlich ein besseres Müsli auftreiben wird – was nicht schwer sein dürfte.

Am nächsten Morgen schippern wir nach Ulva Island und erkunden diese traumhaft schöne Insel mit ursprünglichem Wald per pedes auf perfekt angelegten Wegen. Mit dem Vogelreichtum wird übertrieben; wir hören zwar viele Piepmätze, zu Gesicht bekommen wir aber nur wenige und erst recht nicht den nachtaktiven Kiwi, das streng geschützte Wappentier Neuseelands. Am diesseitigen Strand liebkosen sich eine Robbenmama und ihr Nachwuchs. Wir genießen diesen Anblick. Vermeiden sollte man es, zwischen am Strand liegenden Robben und dem Meer zu flanieren, da Robben darin ihren Rückzug ins Meer gefährdet sehen und deswegen aggressiv werden können.

Ute und Jan entgehen am feinsandigen Strand auf der anderen Inselseite einem fatalen Fehler in buchstäblich letzter Sekunde. Als sie sich auf einem dunkelbraunen Stein ausruhen wollen, ruft Jan: „Mama, der Stein bewegt sich!“

Der Stein entpuppt sich als dösender Seelöwe mit geschätzten 150 Kilo. Aber die Aussicht auf die umgebenden Inseln kommt einem Inselparadies gleich.

Im Wald sind viele Kastenfallen aufgestellt – wie überall auf Kiwiland. Ratten können schwimmen, auch im Meer und über längere Strecken. Sie sind auf die als rattenfrei geltende Insel zurückgekehrt und bedrohen damit wieder den flugunfähigen Kiwi. Ratten sollen von den Maoris als lebender Proviant mitgebracht worden sein. Von den Europäern natürlich auch, aber da waren sie blinde Passagiere. Offiziell brachten sie u. a. Kaninchen mit, der Jagdlust wegen. Die Löffler vermehrten sich jedoch so rasant, dass die Schießwütigen nicht mehr nachkamen. Also wurden Wiesel eingeführt, und um ganz sicher zu gehen, auch noch Hermeline. Die Räuber merkten gleich, dass es hier mehr flugunfähige Vogelarten als sonst wo auf der Welt gibt. Die liefern nicht nur zartes Fleisch, sondern auch leckere Eier. Um es auf die Spitze zu treiben, wurde auch noch der Fuchskudu, ein australischer Beutelsäuger, nach Neuseeland gebracht, wo er Possum genannt wird. Mit geschätzten 70 (!) Millionen Exemplaren stellt er mittlerweile den Staatsfeind Nummer eins dar. Unter dem Motto „Nur ein totes Possum ist ein gutes Possum“ weicht kein neuseeländischer Autolenker einem Possum aus.

Wir merken: Wo der Mensch seine Finger reinsteckt, kommt Pfusch raus.

Samstag, 11. Februar 2023

Am Samstag, dem 11. Februar, sausen wir mit der Fähre wieder zurück zur Südinsel und besteigen unseren Bus. Wir reisen in Richtung Fiordland mit Neuseelands größtem Nationalpark und Weltnaturerbe. Die Landschaft wird hügeliger. Am schön gelegenen Manapouri See weist ein Denkmal auf den erheblichen und erfolgreichen Widerstand der Bevölkerung in den 1960er-Jahren gegen eine geplante Anhebung des Wasserspiegels hin, welche im Zuge der Baumaßnahmen für das größte Kavernenkraftwerk des Landes erfolgen sollte. Durch Felssprengungen befindet sich der größte Teil des Kraftwerks unter der Erde.

An unserem touristisch stark frequentierten Tagesziel Te Anau angekommen, unternehmen wir beide mit der Schweizerin Margrit eine Wanderung am gleichnamigen See, wo sich auch ein interessanter Vogelpark mit einheimischen Arten befindet. Einige unserer Gruppe fahren mit Walter zur Besichtigung von Glühwürmchen in einer Höhle.

Das recht gute Kingsgate Hotel bietet am Abend ein wirklich hervorragendes Büfett.

Sonntag, 12. Februar 2023

Am Sonntag, dem 12. Feburar, steht das Highlight Milford Sound auf dem Programm. Das Wichtigste: Wir haben traumhaftes Wetter. Freunde von uns erlebten ihn bei Regen – und konnten dieses gigantische Naturschauspiel nicht richtig genießen.

Die Weiterfahrt erfolgt durch urwüchsige Landschaft. Es wird bergiger und wilder, in der Ferne ragen schneebedeckte Gipfel hervor. Im stillen Wasser von Tümpeln und Seen spiegeln sich hoch aufragende, dicht bewaldete Bergwände und liefern uns eine Postkartenidylle.

Während der Fahrt legen wir kurz vor dem Homer-Tunnel einen Halt ein, um Keas kennenzulernen; eine der wenigen Papageienarten, welche außerhalb der Tropen leben. Sie sind sehr neugierig und bearbeiten mit ihren kräftigen Hakenschnäbeln gerne Türen- und Fensterdichtungen von geparkten Autos.

Der Tunnel bietet auf der anderen Seite einen phantastischen Blick auf den Milford Sound. Der Name Sound ist übrigens falsch – es handelt sich nämlich um einen Fjord. Sounds sind ehemalige Flusstäler, während Fjorde durch Gletscher gebildet worden sind. Wäre Kiwiland durch Skandinavier besiedelt oder entdeckt worden, würde es Milford Fjord heißen. Die Marlborough Sounds sind dagegen richtig benannt.

Die zum Fjord steil absteigende Straße wird im unteren Teil von enorm dicht bewachsenen Wäldern gesäumt. Die Schifffahrt durch den Milford Sound bei strahlendem Sonnenschein wird uns als außergewöhnliches Erlebnis ewig im Gedächtnis bleiben. Hohe Wasserfälle, dicht bewaldete Berghänge und senkrechte Felswände mit schneebedeckten Bergriesen im Hintergrund, dazu das tiefblaue, unergründliche Meerwasser schaffen einen überwältigenden Eindruck. Das Schiff fährt noch bis zum weit ausladenden Eingang des Fjords.

Wir fahren wieder zurück nach Te Anau, dann geht’s weiter nach Queenstown, einer touristischen Hochburg der Kiwis. Das Schönste an ihr ist die Lage am Lake Wakatipu, mit seinen 80 km der längste See Neuseelands. Davor passieren wir den Höhenzug Remarkables, hauptsächlich aus teils spitzen Felsen mit wenig Grün bestehend. Ihr Name „Die Bemerkenswerten“ basiert auf der strikten Ausrichtung von Nord nach Süd auf 12 km Länge und mehreren Spitzen über der 2.000-m-Marke. Der See erinnert mich ein bisschen an den Vierwaldstädter See. Der auf dem See verkehrende, 1912 in Dienst genommene, kohlebefeuerte Passagierdampfer MSS Earnslaw wiederum an den Film „African Queen“ mit Humphrey Bogart und Katharine Hepburn in den Hauptrollen.

Wir beziehen unser Quartier im Heartland Hotel, einer schönen Hotelanlage direkt vor der City, die aus mehreren Häusern mit spitzen Dächern besteht. Die Zimmer sind einwandfrei, nur müssen auch hier die Koffer zum ersten Stock mangels Aufzug hochgewuchtet werden. Die Männer (wir sind nur zu viert) helfen denjenigen Frauen wieder bereitwillig, deren Koffer doch etwas zu schwer für sie sind (sag‘ noch einmal eine(r) was gegen Männer!).

Das Dinner ist einwandfrei.

Montag, 13. Februar 2023

Montag, den 13. Februar, verbringen wir in Queenstown.

Rita und ich wandern mit Margrit in eineinhalb Stunden zur Bergstation der Gondelbahn auf dem Bob’s Peak hoch. Der sehr steile Weg ist zwar fordernd und verlangt Trittsicherheit, führt aber auf unzähligen Windungen sehr schön immer durch Wald mit riesigen Douglasien. Uns beiden gefällt oben nicht, dass rund um die Bergstation gewaltige Erdbewegungen mit Rodungen für eine Rodelbahn vorgenommen werden: Zu viel Zerstörung von Natur, damit einige den letzten Kick bekommen.

Queenstown will eben ihrem Ruf gerecht werden, landesweit die Nummer eins in Extremsport zu sein. Wie bei uns und überall: immer höher, schneller, weiter usw. – und immer näher an der Vergeudung von Ressourcen und dem Raubbau an der Natur.

Ansonsten eher unscheinbar, zeigt Queenstown ihr quirliges Image am Seeufer, wo die Touris die Herrschaft übernehmen und Läden, Geschäfte und die vielen Bars und Restaurants füllen. Wir besichtigen derweil den eine Landzunge einnehmenden sehr sehenswerten Park, welcher wieder mit enormen Baumexemplaren aufwartet.

Dienstag, 14. Februar 2023

Am Dienstag, dem 14.Februar, besichtigen wir bereits nach 20 km die ehemalige Goldgräberstadt Arrowtown. Wer die alten Western kennt, fühlt sich dorthin versetzt. Fehlen nur noch die vor den Saloons angebundenen Pferde und drinnen die Rufe nach Whiskey. Die kleinen Dörfer und Siedlungen verströmen tatsächlich einen gewissen Hauch von Wildwest-Manier – lange Durchgangsstraßen, die Bauweise der Gebäude, überdachte Veranden usw.

Apropos Whiskey! In den Geschäften und/oder Supermärkten werden Sie die harten Tropfen vergebens suchen. Die dürfen nur in dafür autorisierten Läden angeboten werden. Auch in den Restaurants und Bars fristen sie eher ein unscheinbares Dasein, ganz im Gegensatz zu den wahren Batterien bei uns.

Ja, Kiwiland ist da schon eigen. Kein harter Bölkstoff, Rauchwaren kosten das Vierfache als daheim. Das ist irgendwo in Ordnung. Die Regierenden müssten somit absolut auf lebensverlängernden Maßnahmen stehen. Wenn ich mir aber oft manche Figuren betrachte, bei deren Anblick Personenwaagen der kalte Schweiß ausbricht, habe ich da so meine Zweifel. Die bestätigen mir die Regallängen mit Süßigkeiten sowie Knabbergebäck in jedweder Form, Softdrinks usw. Wer nimmt es auch gerne mit Nestlé, Coca Cola & Co. auf? Deren Produkte gehen aber auch an die Substanz und in die Behandlungskosten – Fettleibigkeit, Herzinfarkte, Gicht und dergleichen mehr lassen grüßen. Da fehlt mir die Konsequenz in den „höheren Stellen“.

Wenn wir schon dabei sind:

Die Kiwi-Behörden betreiben eine unglaubliche Aktivität in Bezug auf die Fürsorge gegenüber ihren Mitbewohnern. Was unweigerlich den Eindruck erwecken lassen könnte, dass die Kiwis ohne die gut gemeinten Ratschläge, die Bewahrung allen Unheils durch die all überall aufgestellten Hinweisschilder (Achtung! Nicht weitergehen! – vor einer senkrecht abfallenden Felswand) allein auf sich gestellt überhaupt nicht lebensfähig wären. Das artet teilweise auch in einen Regulierungswahn aus.

Den Vogel im landesweiten Beware-Schilderwald-Wettbewerb schoss ein Brückchen über ein Wässerchen ab, vor dem vier Hinweisschilder platziert waren (s. Foto):

Angeln verboten!

Motorräder verboten!

Räder: Lassen Sie passieren! Nicht stehenbleiben!

Graskarpfen! Bitte nicht angeln. Graskarpfen sind wichtig für ein funktionierendes Ökosystem und kommen von… Angeln Sie keine Graskarpfen, Aale oder sonstige Spezies.

Es fehlte nur noch das Schild, dass man das Atmen nicht vergessen soll – ganz schön nachlässig!

Arrowtown ist ein gepflegtes Städtchen mit Boutiquen und Schmuckläden, in denen der viel beachtete Jadeschmuck angeboten wird.

Nun geht es bergauf zum von Bergen umrahmten Lake Wanaka, wo wir im gleichnamigen Ort am See entlangschlendern. Für Haubentaucher wurden nahe des Ufers extra abgeschirmte Brutinselchen installiert.

Der nächste Anstieg gilt dem Haast-Pass, eine Wasser- und Wetterscheide der Südalpen. Aus der zuvor trockenen Landschaft geht es nun hinunter zu immergrünem Regenwald, durch den wir zu einem Wasserfall wandern. Die Fahrt führt ein Stück entlang der Tasman See und danach zum Highlight des Tages:

Per Hubschrauber starten wir zu einem überwältigenden Rundflug um das Hochgebirge, erleben den Franz-Josef-Gletscher und landen auf dem Fox-Gletscher. Nach dem Milford Sound das zweite unvergessliche Erlebnis.

Danach beziehen wir die gut eingerichteten Zimmer im Matheson Lake Motel. Was wir aber öfter feststellen mussten: es fehlt an Schränken. Uns macht das zwar nichts aus, da wir täglich sozusagen „aus dem Koffer“ leben und so organisiert sind, dass wir Klamotten und Sonstiges aus dem aufgeklappten Koffer entnehmen. Was aber, wenn hier Personen über mehrere Tage wohnen?

Im nahen Restaurant bekommen wir endlich die leckeren Green lipped Mussels in feiner Cremesauce – eine Delikatesse, absolut vergleichbar mit Miesmuscheln, aber mindestens doppelt so groß. Sehr zu empfehlen!

Zum Zimmer-Frühstück gibt es wieder das Löffelsteck-Müsli und Rita sorgt zusätzlich mit halb verbrannten Toasts für Feueralarm (die Feuermelder sind überall sehr scharf eingestellt), wobei Jan beim Qualm-Wedeln mit Kleidungsstücken mal wieder behilflich ist.

Mittwoch, 15. Februar 2023

Am Mittwoch, dem 15. Februar, steht einiges auf dem Programm.

Bald nach der Abfahrt wandern wir auf gut angelegtem Weg durch dichten, sattgrünen Bewuchs und betrachten an dessen Ende den Fox-Gletscher „von unten“. Schaubilder enthalten interessante Erklärungen und Walter schildert uns anschaulich den auch hier durchaus als dramatisch zu nennenden Rückgang des Gletschers.

Wir folgen der Küste und genießen immer wieder herrliche Ausblicke auf das Meer. In ehemaligen Goldgräberorten (Harihari, Ross) legen wir kurze Pausen ein, bevor uns am frühen Nachmittag ein wunderschön angelegter Rundwanderweg zu den „Pfannkuchen“-Pancake Rocks im Paparoa Nationalpark bringt. Sie sehen tatsächlich wie übereinander geschichtete Pfannkuchen aus und zählen zu den bekanntesten Naturschauspielen Neuseelands.

Die 30 Millionen Jahre alten Formationen erklären sich aus ihrer ungleichen Zusammensetzung. Ablagerungen von Kalksedimenten und Tonmineralien wurden tektonisch aus dem Meer gehoben und verwitterten unterschiedlich schnell.

Die Brandung spülte zudem Höhlen aus, schuf regelrechte Innenhöfe, Röhren und Löcher. Das unbändige Meer klatscht dagegen, die Wellen brechen mit Fauchen und Brüllen innerhalb der Felsen – eine atemberaubende Kulisse.

Vor Westport führt die Reise am Buller River entlang ins Innere der nördlichen Südinsel. Der Fluss kann bei heftigen Regengüssen gewaltige Ausmaße annehmen, was Walter uns an einem Wasserstands-Messstab überzeugend demonstriert; dessen höchster Stand befindet sich gut zwei Meter über der Straße.

Bevor wir an unserem Hotel in St. Arnaud aussteigen, fahren wir zum Lake Rotoiti in direkter Nähe. Er ist schon Teil des Nelson Lakes Nationalparks und liegt auf 620 m Höhe, von um die 1900 m hohen Bergen umrahmt. Eine Besonderheit stellen die im See lebenden Aale dar, welche bis zu einem Meter Länge und zehn Zentimeter Durchmesser erreichen. Sie erinnern mich an die gleich großen Aale auf der Gesellschaftsinsel Huahine (Französisch-Polynesien), welche von den dortigen Einwohnern als heilig verehrt werden.

Die ausladende Alpine Lodge bietet schöne Zimmer und hervorragendes Essen, auf das wir aber recht lange warten müssen. Da gibt es wohl Kommunikationsprobleme in der Küche. Die nette deutsche Backpackerin wusste auch nicht so genau, welche Sorte Fleisch sie bringt. Das wäre Jan bestimmt nicht passiert!

Donnerstag, 16. Februar 2023

Am Donnerstag, dem 16. Februar, beträgt die Fahrstrecke „nur“ rund 200 km (normal sind um die 400 km), da uns eine ausgedehnte Schiffsreise entlang der Küste des Abel Tasman Nationalparks erwartet. Wir können uns an jeweils bevorzugten Stellen absetzen lassen und die Länge des Rückwegs zu einem bestimmten Punkt auswählen. Oder einfach am Strand rumlaufen, baden oder dösen. Diese Fahrt entlang der Küste ist wiederum ein Highlight. Eine große Anzahl versteckter felsiger Buchten mit goldgelbem Sand im satten Grün tropischen Bewuchses verschafft dem Betrachter ein gewisses Südseeflair. Wir entscheiden uns für eine anderthalbstündige Wanderung auf wieder wunderschön angelegtem Pfad durch abwechslungsreichen tropischen Wald. Eine ausreichende Rast an schönem Strand zum Inspizieren von Fauna und Flora bis zur Ankunft des Schiffes rundet dieses tolle Erlebnis ab.

Walter bringt uns nach Nelson zu unserem Hotel Beachcomber, eine größere, ganz angenehme Bleibe.

Freitag, 17. Februar 2023

Am Freitag, dem 17. Februar, fahren wir wieder an die Ostküste. Wir passieren Havelock, ein Zentrum der Muschelzucht (hmmh, Green lipped Mussels!) und streifen die verwunschene Fjordlandschaft der Marlborough Sounds. Nach der Pause im gepflegten Blenheim geht es bald entlang der Küste nach Kaikoura. Schier endlose Rebflächen machen die Region Marlborough zum größten Weinanbaugebiet Neuseelands, welches mit rund 24.000 ha Anbaufläche 80 % der gesamten Weinproduktion Neuseelands auf sich vereinnahmt. Neuseeländischer Wein hat global positiv auf sich aufmerksam gemacht. Nach meinem Geschmack sind die Weißweine hervorragend, der mit Abstand am meisten angebaute Sauvignon Blanc sehr fruchtig. Die Rotweine sind ausgewogen und kräftig, der Syrah (Shiraz) im Vergleich zum Französischen eher zu kräftig. Aber warum sollte man sich in Deutschland Sauvignon Blanc, Chardonnay oder Syrah aus Neuseeland kaufen, wenn Frankreich nebenan liegt? Das ist auch unbedingt eine ökologische Frage. Die Preise für Wein liegen im Schnitt höher als bei uns.

Die Gleise entlang des State Highway 1 verbinden Christchurch mit Picton und dienen hauptsächlich dem Güterverkehr.

Vor unserem Etappenziel Kaikoura können wir uns an einer großen Robbenkolonie regelrecht sattsehen. Vielleicht 20 m unterhalb des Parkplatzes tummeln sich Groß und Klein ungestört auf den Klippen, wobei die putzigen, nach ihren Mamas rufenden Babys unsere besondere Sympathie finden.

Kaikoura ist ein Zentrum des Ökotourismus, auch und vor allem wegen der Walbeobachtung, weswegen wir hauptsächlich dorthin fahren. Während der Anfahrt legt sich uns der stürmische Seegang schwer aufs Gemüt. Vor Ort dann die Bestätigung: Wegen zu rauer See fällt das Whale Watching buchstäblich ins Wasser. Mein großer Traum, einmal im Leben einen Pottwal zu sehen, damit auch. Als kleines Bonbon dient der Umstand, dass in Kaikoura auch jede Menge Langusten gefangen werden. Wenn auch meistens Crayfish (Flusskrebs) oder Lobster (Hummer) genannt, handelt es sich tatsächlich um eine Langustenart. Deshalb auch der Name der Gemeinde: auf maorisch bedeutet „Kai“ essen und „Koura“ Krebs.

Mir läuft schon beim Namen unserer Bleibe das Wasser im Munde zusammen – Lobster Inn Motor Lodge. Im dazugehörigen gleichnamigen Restaurant muss ich staunend erfahren, dass es hier keinen Lobster gibt. Das ist so, als wenn es im Steak-House kein Steak gäbe. Sachen gibt’s!

Nicht weit von der Lodge entfernt erfüllt sich unser Traum in einem kleinen Restaurant – eher einer familiär betriebenen Snackbude. Sie haben aber keine Lizenz zum Bierausschank. Mehrere Frauenfinger zeigen zum nächsten Supermarkt. Jan hilft mal wieder aus. Den Wein trinken wir derweil aus Pappbechern.

Dafür sind die Langusten perfekt und für umgerechnet 30 Euro mit Pommes pro Nase zu deutschen Verhältnissen fast geschenkt. Der Abend ist gerettet!

Sonntag, 19. Februar 2023

Mehr oder weniger ausgeschlafen, checken wir am Sonntag, dem 19. Februar, genau zur Frühstückszeit im Travelodge Hotel in Wellington ein, indem wir uns durch Menschenmassen schlängeln müssen. Die Einrichtung selbst ist okay, aber die Lage miserabel. Regelrecht zusammengequetscht drängt sich hier ein ganzer Stapel von Hochhäusern in einem Pferch, in dessen Mitte sich ein sehr schönes älteres Gebäude mit seinen „nur“ vier Stockwerken ducken muss. Eine Stadtplanungs-Todsünde!

Nach Auckland der zweitgrößte Ballungsraum Neuseelands, hat Wellington mit seinen 200.000 Einwohnern einiges zu bieten. Ein Tag ist natürlich zu kurz, weil uns der gestrige Nachmittag/Abend fehlt. So besichtigen wir zuerst den empfehlenswerten Botanischen Garten, danach den Hafen und anschließend das Nationalmuseum Te Papa. Wir beide können die verbreiteten Lobeshymnen nicht so recht weiterposaunen. Die Außenanlage ist zwar vielseitig und wunderbar gestaltet, aber im Inneren fehlen an Ausstellungen und Schautafeln manche Erklärungen, auch Namen der Tiere oder sonstigen Gegenstände.

Montag, 20. Februar 2023

Am Montag, dem 20. Februar, besteigen wir nach dem „Bad durch die Menge“ (eher ein Bad mit Schwalmdusche) in aller Frühe den neuen Bus. Die beiden Busse waren zwar keine „Komfort“-Busse (das braucht’s auch nicht), aber in ihnen war genügend Platz, wo wir auch eine Person weniger als geplant waren. Und Walter war und ist ein sicherer, hervorragender „Busdriver“.

Er bietet uns noch eine Rundfahrt durch die City und einen Halt, wo wir die Regierungsgebäude von den wunderschön angelegten Grünflächen aus in Augenschein nehmen dürfen. Weil der Goldrausch in Otago die Gefahr einer Sezession erkennen ließ, wollten die Regierenden aus der damaligen Hauptstadt Auckland näher an die Grenze zur Südinsel. Somit wurde Wellington 1865 offiziell zur Hauptstadt Neuseelands erklärt. Das 1876 erbaute ehemalige Regierungsgebäude gilt als zweitgrößtes Holzgebäude der Welt und wurde 1979 vom sogenannten Bienenstock abgelöst, der schnell zum neuen Wahrzeichen Wellingtons wurde.

Beim Verlassen der Metropole geht es gleich steil und sehr eng in Windungen bergauf, da Walter uns zu einem genialen Aussichtspunkt fährt und hier die Ausläufer einer Mittelgebirgskette enden. Einen großen Teil der Tagesstrecke geht es an der Tasman See entlang, bis wir in Bulls nach rechts ins Inselinnere zum ältesten Nationalpark der Kiwis, dem Tongariro, fahren. Rechts und links begleitet uns wieder fast endlos wirkendes Farmland. Schafe bilden weiße Punkte auf dem Grün der Wiesen, Rindvieh steht meist wie in Klumpen beisammen. Kurz vor dem Etappenziel passieren wir das imposante, filigran wirkende Makatote Viaduct. Die Eisenbahnbrücke wurde 1908 fertiggestellt und überspannt den Makatote River.

Im Zentralplateau der Nordinsel kommen die „Herr der Ringe“-Fans auf ihre Kosten. Unter den drei das Landschaftsbild bestimmenden, noch aktiven Vulkanen, dem Tongariro, Ruapehu und dem Ngauruhoe, wurde letzterer von Regisseur Peter Jackson als Schicksalsberg ausgewählt, was diesen weithin sichtbaren Kegel weltberühmt werden ließ.

Nach dem Einchecken im Park Hotel Ruapehu bringt uns Walter zum Ausgangspunkt einer wunderschönen, knapp zweistündigen Wanderung mit Wasserfall, während der wir die Silhouette des Schicksalsberges fast immer vor Augen haben.

Und hier präsentiert sich uns ein Kuriosum, was den Kiwis jedoch als ganz normal erscheinen mag: Mitten in dieser einsamen Landschaft steht kurz vor einer Wegkreuzung ein putziges Toilettenhäuschen, sogar mit zwei überdimensionierten Entlüftungsrohren. Jedem Touri, der sich auf Kiwiland mal zum Erleichtern irgendwo „in die Büsche“ schlägt, drängt sich bestimmt ein Schuldgefühl auf. So viele und saubere Toiletten – in jedem Kaff oder auch im dichtesten Regenwald – habe ich noch in keinem von uns bereisten Land feststellen können. Hier würde sich garantiert auch Ernst August von Hannover (BILD: Pinkelprinz) zurückhalten. Ebenso erstaunenswert: Plastikmüll und dergleichen mehr fehlen in der Landschaft, auch in den Gemeinden stellen wir dies erfreut fest; weshalb sich (nicht nur) die Deutschen hier eine Scheibe davon abschneiden sollten.

Die Zimmer unseres Hotels sind bescheiden, die Küche ist aber gut. Dass das Restaurant in der Nähe geschlossen ist, merken wir am Andrang im Hotelrestaurant. Es gibt eine Warteliste! Für uns als eine der ersten: Wartezeit eine Stunde! Als wir gerade mal fünf Minuten draußen verbracht haben, rennt Jan auf uns zu. Der Teufelskerl hat doch tatsächlich noch einen Tisch ergattert, wo wir unsere Bestellung direkt aufgeben können. Unser Backpacker a. D. ist einfach klasse!

Dienstag, 21. Februar 2023

Der Lake Taupo, Neuseelands größter durch einen Vulkanausbruch entstandener See, begleitet uns am Dienstag, dem 21. Februar, auf langer Strecke.

Anschließend erfahren wir viel über Historie und Philosophie der Maori in einer kulturellen Maori-Stätte. Eine sehr gepflegte ältere Dame begrüßt uns herzlich in einem wunderbar ausgestatteten Gemeinschaftsraum und bringt uns ihre gespaltenen Gefühle zu Ressentiments der vorherrschenden Europäer gegenüber den Maori in Bezug zu Kultus und Sprache näher. Mich persönlich überzeugt ihre warmherzige Ausstrahlung, welche von innerer Ruhe zeugt. Die gelungene Bewirtung mit Kaffee, Tee, Plätzchen und Kuchen symbolisiert die Gastfreundschaft. Danach dürfen wir Schnitzmeistern bei ihrer Arbeit an Figuren und Totems zusehen. Draußen erläutert uns ein Maori die Architektur und deren Inhalt sowie Aussagekraft verschiedener Gebäude und Totems. Der Park bietet inseltypische Gewächse – Bäume, Blumen und Sträucher. Die Besichtigung heißer Quellen mit Sinterterrassen rundet diese sehr gelungene Präsentation ab.

Wir besichtigen noch die Huka Falls, eine 235 m lange Schlucht, in der der Waikato River von normalen 100 m Breite auf 15 m verengt wird und in zwei beeindruckenden Kaskaden dem Ende der Schlucht zuströmt.

Wir erreichen Rotorua, machen noch eine Rundfahrt durch die City und checken im mondänen Distinction Rotorua Hotel ein, das in der Rangliste ganz oben steht. Rotorua besticht durch schöne Grünanlagen und die Anzahl der Hotels bezeugt den Stellenwert des Tourismus in der rund 60.000 Einwohner zählenden Stadt. Unser Zimmer ist sehr gut ausgestattet, die Hotelanlage mit großen, Schatten spendenden Bäumen und einer Poolanlage beeindruckt. Wir speisen hervorragend und verbringen eine angenehme Nacht.

Mittwoch, 22. Februar 2023

Ein Highlight unserer Reise bildet am Mittwoch, dem 22. Februar, der Besuch der Kiwi-Aufzucht-Station bei Rotorua. Eine Deutsche, der die Freude, hier arbeiten zu dürfen, regelrecht anzumerken ist, führt uns durch die Anlage und erklärt genau und sehr viel über den auf der roten Liste bedrohter Tierarten stehenden Nationalvogel der Kiwis – sie benennen sich eben nach diesem Vogel (nicht nach den Früchten). Rätselhaft bleibt, wie die Kiwi-Frau das im Verhältnis zu ihrem Körper riesenhafte Ei überhaupt aus selbigem rauskriegt. Die Schwangerschaft einer Frau währte im Verhältnis dazu 78(!) Monate. Die Erfolge dieser Aufzuchtstation sind beachtlich. Im letzten Jahr gelang die Aufzucht von gut 2.400 Kiwis, die erst im Alter von einem Jahr ausgewildert werden, da sie dann in der Lage sind, sich mit ihren kräftigen Füßen Fressfeinde vom Hals zu halten. Und letztendlich sehen wir entzückt in einem abgedunkelten Bereich – weil sie, wie bereits berichtet, nachtaktiv sind – zwei Kiwis durchs Dickicht auf Futtersuche tapsen.

Ebenso interessant ist gleich darauf der Besuch des Thermalparks Wkakarewarewa mit dem Kulturzentrum Te Puia.

Eine Maori aus der Gemeinde, die das Thermalgelände betreibt, führt uns zu den Geysiren und erklärt anschaulich dieses größte Geysirfeld Neuseelands inklusive Thermalquellen und Schlammtöpfen. Das Anzapfen der geothermalen Ressourcen mit etlichen Bohrlöchern für Heizzwecke und Thermalbäder bewirkte einen Rückgang der Geysir-Aktivitäten, welche sich nach der Schließung der Bohrlöcher wieder erholte (s. meinen obigen Hinweis zur Ansiedlung von invasiven Tierarten). Etliche Schautafeln erklären die natürlichen Zusammenhänge.

Das angeschlossene New Zealand Māori Arts and Crafts Institute bezeichnet eine traditionelle Kunstschule in Rotorua, wo wir Holzschnitzern „von oben“ bei ihrer Arbeit zuschauen können.

Vor und in der großen Gemeinschaftshalle auf dem großen Areal wird uns maorische Folklore dargeboten, darunter auch der beeindruckende (uns aus Französisch-Polynesien bekannte) Kriegstanz „Haka“. Um möglichen Kampfhandlungen zuvorzukommen, sollte er Fremden die eigene Stärke eindrucksvoll demonstrieren.

Danach wird uns das reichhaltigste (und auch beste) Büfett der ganzen Reise angeboten – schade, dass man irgendwann satt ist. Den Hinweis, es stamme aus dem traditionellen Erdofen, muss ich leider als kommerziellen Gag abtun – wir kennen die Speisen aus „echten“ Erdöfen auf den Marquesas und Gesellschaftsinseln. Oder haben Sie schon mal frischen Salat und frisches Gemüse aus einem Erdofen erhalten? Zudem fehlt der typisch „rauchige“ Beigeschmack.

Nachzulesen in meinem schönen Buch „Reiseerlebnisse in Französisch-Polynesien“, das ich Ihnen wärmstens ans Herz legen möchte (Eigenlob und PR müssen auch mal sein)!

Wir starten in Richtung Tauranga, vorbei an den ersten großen Kiwi-Plantagen (mein Kommentar: „Kann man die auch anpflanzen?“) sowie Avocados. Tauranga mit dem zweitgrößten Hafen (nach Auckland) Neuseelands ist auch als Anlaufpunkt etlicher Kreuzfahrten und Feriendomäne reicher Kiwis ein touristisches Schwergewicht.

Durch das fruchtbare Hinterland der Bay of Plenty nehmen wir Kurs auf die Coromandel Halbinsel, wo wir in der Pauanui Pines Motor Lodge eine hübsche Bleibe finden. Jeder hat seine eigene gut ausgestattete Hütte, welche teils freistehend, teils mit anderen verbunden ist. Da es hier mit Gaststätten nicht gut aussieht, versorgen wir uns selbst und können am Abend auf den Terrassen bei einem Gläschen zusammensitzen und plaudern. Mit zunehmender Dunkelheit steigert sich aber auch die Intensität der Stechmücken.

Während der Fahrt musste Walter bereits manche Umwegstrecke in Kauf nehmen, da sich die Auswirkungen des katastrophalen Hochwassers Ende Januar und des nachfolgenden Zyklons durch Sperrungen einiger Straßen bereits hier bemerkbar machen.

Donnerstag, 23. Februar 2023

Am Donnerstag, dem 23. Februar, durchstreifen wir die landschaftlich schöne Coromandel Halbinsel, auf der wir uns bereits seit gestern (ab dem Ort Waihi) befinden. Sie besticht durch schöne Strände und bergige Landschaft bis auf Höhen von 850 m.

Wir besichtigen den Hot Water Beach. Hier verwandeln heiße Thermalquellen bei Ebbe Erwachsene in kleine Kinder, die sich mit extra mitgebrachten Schaufeln ihre eigene „Badewanne“ am Strand schaufeln – und das zu Hunderten; ich stelle mir vergleichbar Hühner auf der Stange vor. Bei unserer Ankunft herrscht Flut.

Der geplante Fußweg zur Cathedral Cove entfällt leider aus Sicherheitsgründen. An dem malerisch gelegenen Höhlendurchgang, der zwei abgeschiedene Buchten miteinander verbindet, haben sich große Felsbrocken gelöst; was die Behörden veranlasste, den Weg zur Touristenattraktion zu sperren.

In einer Pause oberhalb des Hot Water Beach bestaune ich einen riesigen Banyan (Ficus=Feigenbaum), dessen ehemalige Luftwurzeln bereits als neue Stämme ausgebildet sind.

Danach starten wir nach Auckland. Je früher, desto besser, da die größte und bevölkerungsreichste Stadt Neuseelands (ca. 1,5 Millionen, ein Drittel der Gesamtbevölkerung) ein- oder ausgangs immer für lange Staus sorgt. Das sind die Sünden der individuellen Mobilität, wenn Öffentlicher Nahverkehr deswegen vernachlässigt wurde – in Zeiten des Klimawandels eine Todsünde.

Auckland ist eine schöne Stadt, die City nicht aufdringlich, der Hafen sehenswert und alles überragend der 328 m hohe Fernmeldeturm „Sky Tower“. Ansonsten erkundige sich jeder bitte selbst, weil dies den Umfang meines Berichtes unnötig erhöhen würde. Noch so viel: In der City sorgt zurzeit die Realisierung einer U-Bahn für eine Großbaustelle.

Unser gut eingerichtetes Hotel Grand Chancellor liegt als Hochhaus direkt am Rand der City.

Die höchste Restaurationsdichte befindet sich am Hafen. Wir beschließen daher, dort das Dinner einzunehmen. Für uns Elderlies ist es aber überall zu hektisch und echt zu laut. Fast überall Bands oder DJs, deren Ohren sowieso kaputt sein müssen. Wir verdächtigen den vor Anker liegenden Luxusliner, der für die Überfüllung der meisten Restaurants garantiert in Frage kommt. Dennoch entdecken wir in einer Biegung der Restaurant-Phalanx die Gaststätte „Giraffe“, welche auf uns einen guten (und dezibelmäßig zivilisierten) Eindruck macht. Was auch zutrifft, denn wir speisen hervorragend.

Noch eine nette Geste: Als ich den guten Service und die hohe Qualität mit einem entsprechenden Trinkgeld belohne, bringt es der Kellner direkt zu einem Vorgesetzten, der den $-Schein in eine zentrale Kasse legt. Beim Verlassen des Restaurants wendet sich dieser mir schnell zu und bedankt sich für unsere Großzügigkeit per Handschlag. Auch so etwas gibt es in einer Stadt, in der täglich Hunderte ein vergleichbares Restaurant besuchen.

Nun aber allgemein zu Ernährung und Lebensmitteln in Kiwiland:

Hier kommen die Engländer zum Vorschein, und Engländer gelten allgemein nicht als mit guter Kochkunst gesegnete Spezies. Das sieht man schon beim Frühstück mit Bohnen in Tomatensauce. Spaß beiseite – was die Franzosen beim Käse, sind wir beim Brot. Schätzen Sie sich glücklich, wenn Sie mal ein einigermaßen mit deutschem Standard vergleichbares Brot erhaschen. Ansonsten gibt es nur pampige Weichware (Toastcharakter). Kiwi-Bäckereien haben auch ganz andere Lebensmittel im Sortiment. Da sieht man Blätterteig-Rollen mit Inhalten von Gemüse über Wurst bis Lammhack. Der Blätterteig ist dabei grundsätzlich schwer anstatt luftig. Daneben gegrillte oder meist aus der Fritteuse stammende Fleischvariationen – vom Spieß bis zum Steak. Aber immer fett! Was sie aus der Milch von 5 Millionen Kühen und 28 Millionen Schafen an Käse produzieren, würde in Frankreich mit fünf Jahren auf Bewährung bestraft. Das ist nun etwas übertrieben, aber wenn ich als frankophiler Mensch die Käseauslagen in Frankreich mit der Qualität in Kiwiland vergleiche, bekomme ich einen Schwächeanfall. Die immense Menge an Süßigkeiten und Knabberzeug habe ich bereits oben erwähnt.

Natürlich kann man in den Restaurants der Kiwis auch gut essen. Aber es handelt sich um die Ausnahme, um wenige Produkte auf der jeweiligen Speisekarte. Die Mehrzahl der Gerichte ist irgendwie zusammengepanscht (besonders bei den Pommes) und zu fett. Ich meine damit, dass das Essen allgemein zu Fast Food-lastig ist; Fish’n Ships sind ebenfalls allgegenwärtig. Aber die Qualität des Fleisches – besonders die des Rindfleisches – ist außerordentlich gut. Da merkt man, dass die Rindviecher immer draußen rumlaufen können. Es handelt sich eben nicht um Massentierhaltung wie großflächig bei uns. Natürlich gilt dies auch für das Schaffleisch. Dasselbe gilt für gut angerichteten Fisch (nicht fetttriefend paniert) und Meeresfrüchte – das Angebot ist immer frisch; sie leben halt auf einer Insel.

Freitag, 24. Februar 2023

Am Freitag, dem 24. Februar, starten wir zur Bay of Islands, wo wir auch den morgigen Tag verbringen werden. Die Landschaft wird wieder subtropisch mit teils dichten Wäldern. Auf der hügeligen Fahrt nach unserem Standort Paihia sehen wir überall am Wegesrand die schlimmen Auswirkungen von Regengüssen und Zyklon anhand von Erdrutschen, Schlammmassen sowie geknickten oder entwurzelten Bäumen. Hier sind wieder einige Straßen gesperrt. Der Klimawandel hat auch die Kiwis eingeholt (s. meine Bemerkungen zu ökologischem Verhalten).

In Whangarei, einer größeren Stadt mit Naturhafen (ca. 50.000 Einwohner), legen wir eine Pause ein. Anschließend in Kawakawa, kurz vor unserem Etappenziel, wo wir die von Friedensreich Hundertwasser entworfene öffentliche Toilettenanlage begutachten. Der vorrangig als Maler und Architekt weltbekannt gewordene österreichische Künstler mit bürgerlichem Namen Friedrich Stowasser wohnte hier von 1973 bis zu seinem Tod in 2000.

Ein Touristenzug stampft mitten auf der Hauptstraße durch die Ortschaft.

Am Mittag besteigen wir das Ausflugsschiff, welches uns diese – wie der Name ausdrückt – aus unzähligen Inseln bestehende Bucht näherbringt. Die mehrstündige Fahrt erhält von mir den Rang eines Urlaubs-Highlights. Dazu tragen mehrere Erlebnisse bei. Darunter die märchenhafte Inselwelt inklusive Leuchtturm auf hohem Fels, Seevögeln und Delfinen sowie einer Felseninsel mit ihrem berühmten Loch im Felsen (Hole in the Rock am Cape Brett). Ebenfalls erlebe ich, was ich bisher nur in TV-Dokumentationen verfolgen konnte: drei riesige Fischschwärme, die das Meer scheinbar zum Kochen bringen.

Die wunderschöne Otehei Bay mit großzügiger Snackbar und Wandermöglichkeiten zu tollen Aussichtspunkten oder auch einem „Jump in the Sea“ bietet uns während einer guten Stunde die geruhsame Möglichkeit, die erlebten Naturwunder zu verarbeiten.

Auf der Rückfahrt bekommen die meisten eine unfreiwillige, kräftige Dusche. Macht sich der Kapitän einen Spaß daraus oder ist das Kreuzen quer zu den Wellen, deren Teile heftig auf das Deck klatschen, nicht zu umgehen? Die Gäste tragen es mit Fassung oder machen sich sogar noch einen Spaß daraus. Nur die direkt vor dem Sichtschutz Sitzenden bleiben verschont.

Noch ein wenig Historie, da wir uns in der Nähe der Waitangi Treaty Grounds befinden, wo am 6. Februar 1840 ein folgenreicher Vertrag, der Treaty of Waitangi, zwischen den Maoris und der britischen Krone ratifiziert wurde – Naturvolk versus nimmersattes europäisches Gedankengut.

Den Maoris, mittlerweile eine Minderheit in der Gesamtbevölkerung, wurden im Vertrag hehre Ziele genannt, die im Nachhinein immer dann in „Vergessenheit“ gerieten, wenn sie der Expansion der Weißen in vielerlei Hinsicht entgegenstanden. Die Maoris wurden sozusagen oft „über den Tisch gezogen“. Was zu verständlichen Zerwürfnissen führte und oft einen blutigen Ausgang fand. Erst in letzter Zeit unternahmen die neuseeländischen Regierungen unter Aufarbeitung des Kolonialismus (besonders unter Jacinda Ardern) Anstrengungen, die Gleichberechtigung zwischen den Bevölkerungsgruppen zu demokratisieren. Was wiederum dazu führte, dass in gewissen Bestimmungen die Maori sogar besser gestellt werden – was nun auch nicht als rein demokratisch bezeichnet werden kann. Die Schlechtbehandlung der Maoris über den langen Zeitraum hinweg hinterließ bei ihnen tiefe Wunden, was sich auch heute noch in Unzufriedenheit und Missverständnis äußert. Der 6. Februar ist der Nationalfeiertag.

Das Kingsgate Hotel in Paihia bietet wohnliche Unterkünfte und ein durchschnittliches, eher ausbaufähiges Büfett.

Samstag, 25. Februar 2023

Der Samstag, 25. Februar, steht zur freien Verfügung. Wir haben uns für den optionalen Busausflug zum Cape Reinga, dem nördlichen Ende Neuseelands, entschieden. Andere genießen einen Hubschrauberflug dorthin. Der Blick „von oben“ bietet natürlich mehr – aber was denen entgeht, ist unser Busfahrer, ein absolutes Original. Maori, ein wahrer Kleiderschrank, fährt er mit Flip Flops den großen Bus. Während der Fahrt erzählt er seinen Gästen ganze Geschichten über Natur, Land und Leute. Meistens bezogen auf seine Oma, welche wohl die wichtigste Bezugsperson war. Und dies in einem Sing-Sang, mit Betonung auf x-beliebigen Wörtern (that’s MYY pocket, not YOOOOURs); mal schnell, mal langsam. Wenn die Wortflut emotionaler wird, fuchtelt er zusätzlich mit den Armen herum, während er durch die Gegend brettert, sodass ich mir ernsthaft die Frage stelle, womit er den Bus lenkt (hoffentlich nicht mit den Flip Flops). Aber keine Angst – er versteht sein Metier und fährt absolut sicher. Mir schießen vor Lachen die Tränen in die Augen und ich ahme seine Sprechart so gut nach, dass auch die anderen von uns herzhaft lachen.

Auszug gefällig: Auf die Frage einer Frau, welche Art von Rind das hier sei: „Angus! – Pause – A very good meat! Mmmhhh! You make me hungry. I’m thinking of a STÄCK (steak); hmmmhh, a t-bone- STÄCK! I know a location: ALLL you can eat – for 38 Dollars!”

Zurück zu unserer Busfahrt zum Cape Reinja:

Eine märchenhafte Landschaft präsentiert sich uns. Eine Landschaft, die an Tolkiens Hobbits erinnern könnte. Ein beinahe pastellfarbenes Grün, kleinteilig; besetzt mit Baumgruppen, Wäldchen, grasende Schafe, Rinder, dazwischen die typischen kleineren Holzhäuser in verwinkelter Bauart, mit überdachten Veranden.

Später die ernüchternden Hinweise des Piloten an seine Insassen: Das wäre nur wegen der ungewöhnlich hohen Regengüsse so wunderbar grün. Wir befinden uns nämlich am Ende des neuseeländischen Sommers, der normalerweise eher trocken ausfällt und die Landschaft in Gelb- oder Brauntönen präsentiert.

Wir erreichen den berühmten Ninety-Miles-Beach und brettern auf dem Strand etliche Kilometer dahin. Unser Busfahrer legt an einem bestimmten Punkt eine Pause ein, steigt aus und öffnet die seitlichen Gepäckraumklappen. Im Inneren liegen kleinere Surfbretter. Jeder soll sich mit einem bewaffnen und damit den Scheitelpunkt einer höheren Düne erklimmen. Come on! Get on!, animiert er uns inbrünstig, eine Sandschlittenfahrt bauchlings auszukosten. Er natürlich kniend und mit hochgestreckten Armen. Mich wundert nur, dass das Surfbrett unter seinem Gewicht nicht einknickt. Eine Riesengaudi!

Es bleibt noch ein wenig Zeit, die Weite der Dünenlandschaft mit dem sich daran anschließenden Wald zu bestaunen und zu erkunden.

Wir erreichen Cape Reinga und genießen den grandiosen Ausblick auf die Tasman See, welche in die unermessliche Weite des Pazifischen Ozeans übergeht. Ein Wanderweg führt vom höchsten Punkt zum Cape Reinga-Leuchtturm, der auch heute noch – vollautomatisch – seine Dienste versieht.

Auf der Heimfahrt, kurz vor dem Ziel, fängt unser wirklich netter und kumpelhafter Busfahrer noch an zu singen. Er erntet frenetischen Applaus und kassiert am Ende der Reise eine Menge Trinkgeld – sehr verdient.

Sonntag, 26. Februar 2023

An unserem letzten Reisetag, Sonntag, dem 26. Februar, geht es zurück nach Auckland. Wir durchqueren die Nordinsel westwärts. Walter erzählt, dass besonders auf dieser Strecke die Unzufriedenheit der Maoris sehr hoch und es ihm schon passiert wäre, dass manche von ihnen auf die Straße liefen und ihm den Finger zeigten. Er ist froh, dass heute nichts dergleichen geschieht. Auch Kiwiland bleibt nicht von rassistischen Problemen verschont.

Wenden wir uns wieder unserer schönen Reise zu.

Wieder an der Tasman See angekommen, staunen wir über riesige Sanddünen, die einen Teil der Landschaft beherrschen.

Ich fiebere schon dem Kauriwald im Waipoua Forest entgegen. Wir passieren eine Schleuse, wo wir die Sohlen unserer Schuhe peinlich genau reinigen und desinfizieren müssen, da eine Pilzkrankheit die Wurzeln der gigantischen Bäume bedroht.

Eine kurze Wanderung führt uns zu ihm: Tane Mahuta – der Baum der Bäume Neuseelands, der Gigant und Methusalix, als Kauribaum ein Araukariengewächs. Tane bedeutet auf polynesisch „Mann“. Seine Höhe beträgt 51,2 m, der Umfang 13,77 m in Bodennähe, der Durchmesser knapp 4,4 m. Kerzengerade wächst der immer noch gesund aussehende und reichlich mit Epiphyten besetzte Titan seit geschätzten 2.000 Jahren in die Höhe und bildet erst in 18 m die ersten Äste aus.

Und dieser kerzengerade und hohe astlose Wuchs hätte beinahe das Aussterben dieser wunderbaren Bäume bewirkt, wenn die raffgierige Holzindustrie nicht noch kurz vor Vollendung der Ausrottung durch staatlich verordneten Schutz eingebremst worden wäre.

Sie erinnern sich? Wo der Mensch seine Finger reinsteckt…

Nun geht es zügig wieder nach Auckland zurück, wo unsere schöne Reise leider endet. Sie war hochinteressant und hat uns – gut durchdacht und perfekt organisiert – die Kiwis und ihre Inselwelt näher gebracht.

Wenn Sie die Möglichkeit haben, machen sie es wie wir, die wir noch unsere beiden Kiwis Jacqui und Rod, welche an der Bay of Plenty leben, zu einem Essen im Restaurant des Sky Towers einladen. Und das Beste: Wer dort speist, darf umsonst den Fahrstuhl benutzen, welcher ansonsten nicht gerade billig ist. Außer dem phantastischen Rundblick bietet das Restaurant ein hohes Niveau und mit alles in allem für 90 € pro Nase ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Und wenn Sie weiterhin die zeitliche Möglichkeit einer Urlaubsverlängerung haben, nutzen Sie diese für ein paar Tage Ausspannen. Denn so hochinteressant, wie die Reise war – sie war auch durch das Verarbeiten der Eindrücke, die lange Fahrzeit und das „Early-Bird-Verhalten“ recht anstrengend.

Wenn Sie bis hierhin durchgehalten und meinen Text hoffentlich nicht als unnütz, langweilig usw. empfunden haben, bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt in Kiwiland, wenn es denn so kommen sollte.

Und gebucht natürlich über DIAMIR!

Heidelberg, im Mai 2023

Gerhard Drokur

PS: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit habe ich auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen weitgehend verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Südinsel
Immer leckeres Seafood
Brückenstillleben