Gigantische Steinpilze
Göreme am Abend
Die Uchisarzitadelle
Ballonfahrt

Reisebericht

Feenkamine, unterirdische Städte und Höhlenkirchen 10.06. – 17.06.2023

Michael Lippmann, 14.08.2023

Reisebericht: Feenkamine, unterirdische Städte und Höhlenkirchen 10.06. – 17.06.2023

Unsere Reise nach Kappadokien führt über Istanbuls neuen Flughafen Havalimani. Eine gute Gelegenheit um ganz nebenbei eine der interessantesten Städte Europas näher kennen zu lernen. Die nutzen wir und buchen rechtzeitig drei zusätzliche Nächte im uns bereits bekannten Hotel Hali in bester Lage im Stadtteil Sultanahmet. Kaum zehn Wegminuten sind es von dort aus zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie der Hagia Sophia und der Blauen Moschee, wenig mehr nur zum berühmten Topkapi Palast. Die zentrale Lage ermöglicht uns ganz in Ruhe und ohne Führer in nur zwei Tagen neben diesen auch noch die beeindruckende Yerebatan-Zisterne, den absolut sehenswerten Großen Basar, die Süleymaniye Moschee und den Galata-Turm mit seinem unvergleichbaren Rundblick zu besuchen.

Das Hali Hotel ist einfach aber sauber, punktet mit einer Frühstücksdachterrasse mit weitem Ausblick über die Stadt. Preisgünstige Restaurants gibt es nahebei in den Seitenstraßen. Wer freilich Wert darauf legt sich täglich mit deutschen Reisenden auszutauschen ist hier falsch. Das Publikum ist eher international. Dafür organisiert das Hotelpersonal gern eine sehr preiswerte Taxi-Rückfahrt zum gut 60km entfernten Airport. Weil auf der Hauptstraße gerade Bauarbeiten laufen hält der noch deutlich billigere HAVAIST-Transferbus derzeit knapp 2,3km entfernt vom Hotel.

Unser Zwischenstopp in Istanbul hat auch einen Zusatznutzen: Weil so die insgesamt doch recht lange Anreise auf zwei Etappen verteilt wird kommen wir noch frisch in Kayseri an, wo uns Guide Ibrahim, unser guter Bekannter vom Ararat, freudestrahlend am Airport empfängt. Leider saß nicht die ganze Gruppe im gleichen Flieger: Der Bergführer muss noch zwei Stunden auf die nächste Maschine warten, die die anderen Mitwanderer bringt. Uns ……… befördert indessen ein Kleinbus in einer knappen Fahrstunde in den kleinen Ort Mustafapascha, wo wir im Jerveni Cave Hotel unsere Zimmer beziehen können. Wir beide haben Glück und bekommen eine riesige Höhle zugeteilt, in der es neben dem Schlafraum mit drei Betten auch ein erstaunlich komfortables Bad mit einer Whirlwanne gibt – die wir allerdings nicht ausprobiert haben. Eindeutiger Vorteil der Höhle: Gleichbleibendes Klima, nach dem Lichtausschalten ist es bis zum Morgen herrlich dunkel – ich habe volle drei Nächte ausgezeichnet geschlafen!

Recht früh am Nachmittag vor Ort haben wir Zeit für einen ersten Rundgang. Mustafapascha ist wie erwähnt nicht groß, kein touristischer Brennpunkt, obwohl es viele Unterkünfte gibt. Im Zentrum liegen nahebei einige kleine Imbisse und Restaurants, die es möglich machen abends allein oder mit der Gruppe an wechselnden Plätzen zu essen. Die Speisekarten sind meist einfach, dafür isst man sehr preisgünstig. Auch die Freunde eines abendlichen Biers müssen keinen Mangel leiden. Noch hat die Saison der türkischen Urlauber nicht begonnen – es gibt überall viele freie Tische.

Weniger angenehm: Schon an diesem ersten Nachmittag in Kappadokien geht ein heftiges Gewitter nieder. Das ist zu gleicher Zeit in Kayseri noch viel regenreicher, wie Ibrahim später berichtet. Wir wissen bereits: Es wird nur das erste von mehreren sein, die wir in den nächsten Tagen unterwegs erleben werden. Denn schon seit gut zwei Wochen war auf einer bekannten Wetterwebsite zu besichtigen: Uns stehen jetzt volle vier Regentage bevor. Und diese Vorhersage trifft wirklich zu. Ein Zeichen wohl, dass der Klimawandel auch um das Kernland Anatoliens keinen Bogen macht.

Was das Programm betrifft: Gewandert wird freilich trotzdem! Und es ist ja auch nicht so, dass es durchgängig regnen würde. Zweimal erwischt es die Gruppe trotzdem unterwegs, Gewitter bereits um Mittag. Insbesondere die Schuhe sind heftig betroffen, weil aufgrund des reichlichen Niederschlags einige Pfade teils überschwemmt oder schlammig sind. Aber da muss man jetzt halt durch!

Die Wanderrouten sind gut gewählt, die Sehenswürdigkeiten unterwegs steigern sich in Größe und Zahl, ohne dass die Tage dabei übermäßig anstrengend oder lang werden. Einmal summieren sich zwar die Anstiege auf mehr als 540 Höhenmeter, über den ganzen Wandertag verteilt ist das allerdings nicht sehr viel. Und jedes Mal, wenn man meint nun das Beste längst gesehen zu haben, folgt nächstentags ein neues überraschendes landschaftliches Highlight! Wer wüsste auch vor der Reise hierher von all den vielen, tief in die Steilwände gehauenen Höhlenkirchen mit ihren teils unglaublich gut erhaltenen Wandmalereien, den ausgedehnten finsteren Gängen der vielstöckigen unterirdischen Stadt von Derinkuyu! All die spektakulären Formationen und Farben, die ausgehöhlten Felsentürme, diese „Schwerter“, „Zapfen“ und „Pilze“, die vom Wasser der Jahrmillionen geschaffenen Felsdurchlässe und Canyons, kann keiner nur von Fotos her kennen.

Der immer gut gelaunte Guide Ibrahim weiß um die Geschichte der Höhlen und Städte, weiß, wo wir um Mittag rechtzeitig in Ruhe Pause machen können, tauscht auch mal die Reihenfolge der Wandertage, weil es ihm vorher nicht gelingt telefonisch in einem alleinstehenden kleinen Haus das Essen zu bestellen. Warnt vor jedem tiefhängenden Ast oder Felsen damit sich niemand daran stoße und bittet mich beim Gehen die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen, auf dass ich mir bei einem immerhin denkbaren Sturz nicht etwa irreparable Körperschäden zuziehe.

Und er bringt zwei Tage vor der Ballonfahrtoption ganz unverhofft eine gute Nachricht: Der Veranstalter gebe diesmal wegen geringerer Nachfrage einen Sonderpreis von 200 Euro pro Person. Da machen auch wir wieder mit, sind vor der Reise jedoch gerade erst ausgestiegen, weil da ebenso plötzlich der Preis heftig erhöht wurde. Eng geht es dann freilich zu, in den großen, in Boxen unterteilten Luftbussen, trotzdem ist so ein einmaliges Erlebnis über den Zinnen und Zacken Kappadokiens einen Einsatz wert. Wie hoch der allerdings sein darf muss wohl jeder für sich entscheiden.

Das Wetter bleibt auch an den ersten Tagen in Göreme für den türkischen Juni „relativ kühl“. Regen fällt indes nicht mehr. Und am letzten Tag, beim Aufstieg auf den Tafelberg Boztepe, wird es sogar so warm sein, dass wir es tatsächlich zu schätzen wissen werden nicht an allen Tagen so intensiven Sonnenschein erlebt zu haben.

Das unspektakuläre Ciner Hotel steht ganz am Rand des touristischen Brennpunktes Göreme. Das ist für die meisten Wanderungen sowie spontane Freizeit-Kurzausflüge ideal, weil wir fast immer sehr schnell aus der Stadt heraus sind. Der unbestreitbare Nachteil: sämtliche der extrem zahlreichen Restaurants – von ganz einfach bis enorm teuer – liegen ein Viertelstündchen Gehzeit entfernt. Aber selbst das ist ja nicht von Schaden, fördert doch ein kleiner Verdauungsspaziergang hinterher den ruhigen Nachtschlaf. Das Hotel ist sauber, das Frühstück zu großen Teilen traditionell türkisch aber allemal schmackhaft und sättigend. Bedauerlich aber nicht mehr zu ändern: Es gibt in Göreme eine Armee von zahllosen Miet-Quads, Jeeps und Oldtimern, die den ganzen Tag über jedweden irgend erreichbaren Punkt rund um die Stadt mit viel Staub und Getöse ansteuern. Zum Glück sind die Wanderrouten weitgehend davon ausgenommen.

Am achten Tag in Kappadokien dann rollt der Kleinbus früh am Morgen wieder zum Airport von Kayseri, vorbei an den schneebedeckten Gipfeln der nahen Aladağlar-Berge. Und ich wünschte ich könnte – einmal hier – gleich noch acht Wandertage in diesem Gebirge anschließen. Unser Guide Ibrahim versichert, dass er uns gern begleiten würde, muss indessen erst einmal wieder in den türkischen Norden auf den Ararat…

Zwar erscheint die Umsteigezeit in Istanbul auf den ersten Blick knapp, aber der neue Flughafen ist hervorragend organisiert, der Weg zum internationalen Eincheck ist trotz dessen Größe erstaunlich kurz. Da die Zeitumstellung hinzu kommt sind wir schon am frühen Nachmittag wieder in Hannover.

Michael Lippmann

Picknick auf dem Boztepe-Tafelberg
Gruppenbild in Kappadokien auf dem Weg nach Uchisar
Inside Hagia Sophia
Im Liebestal in Kappadokien
Töpferei in Avanos
Cerveni Cave Hotel in Mustafapasha
Blick vom Hali-Hotel in Istanbul
Unterhalb des Boztepe-Plateaus
In der Yerebatan-Zisterne
Höhlenhotelzimmer
Wilde Weinfelder in Kappadokien
Blick in den Stadtteil Galata