Eisbären ganz nah
Belugas im Wasser
Inukshuk an der Küste
Belugas im Wasser

Reisebericht

Belugas und Eisbären tierische Begegnungen an der Hudson Bay

Horst Wehrse, 03.10.2023

In Winnipeg startet die Reise bei strahlendem Sonnenschein und 29 Grad. Winnipeg, über 700.000 Einwohner, ist Hauptstadt der kanadischen Provinz Manitoba. Neben dem Forks National Historic Site lohnt auch der bekannte Forks Market einen Besuch. Wir reisen aber weiter nach Norden und fliegen am nächsten Tag nach Churchill. Churchill, an der Südwestküste der Hudson Bay in der kanadischen Provinz Manitoba gelegen, zählt rund 900 Einwohner. Ein Begrüßungsschild am Ortseingang informiert, dass es sich um die Welthauptstadt der Polarbären, der Welthauptstadt der Belugawale handelt und der Ort ein Vogelparadies ist.

Werden sich meine Erwartungen erfüllen, werden wir Eisbären beobachten können, wird es klappen? 

Adrian nimmt uns im Flughafen in Empfang. Auf dem Weg zur „Lazy Bear Lodge“, wo wir die nächsten Nächte verbringen werden, erklärt uns Adrian die örtliche Flora und macht uns mit der Natur vertraut. In der Ferne erkennen wir die Rocket Research Range, einen ehemaligen Raketenstartplatz, das Northern Studies Centre und den 1960 gestrandeten MS Ithaca. Interessiert lauschen wir Adrians Ausführungen, als er uns eine Eisbärenfalle erklärt: Robbenfett dient als Köder und schon schnappt die Falle zu. In der Nachbarschaft sehen wir das Eisbärengefängnis. Jährlich werden über 100 Tiere in diesem auf der Welt einmaligen Gebäude gehalten, Problembären, d. h. Bären, die auf der Futtersuche in die Stadt kommen, werden gefangen und hier zeitweilig eingesperrt, bis sich die Möglichkeit einer Auswilderung ergibt. Miss Piggy ist unser nächstes Ziel. Die Einheimischen verpassten dem Flugzeug vom Typ Curtiss C-46 diesen Spitznamen, weil sie glauben, die Maschine sei mit Schneemobilen und Softdrinks überladen gewesen und deshalb abgestürzt. Fakt ist, dass das Flugzeug in Churchill abhob, dann allerdings Probleme mit dem Öl bekam und notlanden musste. Einige Stunden verbringen wir am 5,5 Kilometer langen Cape Merry, immer mit Blick auf die Hudson Bay. In der Ferne tummeln sich ein paar Belugawale. Als besondere Attraktionen gelten hier die „Red Chairs“, das Inuksuk und das Munck-Denkmal. 

Der nächste Tag wird das Highlight der Reise werden. Mit dem Bus fahren wir zum Hafen, besteigen das kleine Schiff und los geht es. Sofort erkennen wir die ersten Belugawale, ihr weißer Korpus ist weithin sichtbar. Mal schwimmen sie alleine, mal in einer Gruppe, ein anderes Mal sind Mutter und Kind unterwegs. Die Belugas sind sehr kommunikativ, häufig sind ihre singähnlichen Geräusche zu vernehmen. Später taucht ein Mitarbeiter ein Mikrofon ins Wasser und aus dem Verstärker können wir der Unterhaltung prächtig folgen. Einfach einmalig! Ein tolles Erlebnis! Aus diesem Grund wurden sie von früheren Seeleuten auch „Kanarienvögel der Meere“ genannt. Wir fahren auf dem Churchill River und auf dem Wasser der Hudson Bay. Belugas scheinen sich vor uns nicht zu scheuen, denn sie kommen so nah an unser Schiff heran, dass man sie fast streicheln könnte. Belugas, auch Weißwal genannt, gehören in die Gattung der Delfine, sie haben, wie auch die nahe verwandten Narwale, keine Rückenfinne. Sie kommen grau zur Welt und ändern im Laufe ihres Lebens die Farbe in blau-weiß oder auch cremig-weiß. Erwachsene Tiere werden drei bis maximal sechs Meter lang. In der Hudson Bay treffen wir eher kleinere Tiere an. Belugas sind bis zu 22 km/h schnell, sie können bis zu 600 Meter tief tauchen. Rund 55.000 Wale tummeln sich in der Hudson Bay.

Und dann ist er da, unser erster Eisbär, auf felsigem Untergrund bewegt er sich gewandt und klettert herum, ich könnte jubeln! Endlich! In den nächsten 75 Minuten werden wir noch weitere elf Tiere dieser Gattung erleben und beobachten können, was für ein grandioses Erlebnis! 

Wenn im Frühsommer das Eis der Hudson Bay schmilzt, wird es schwierig, Robben, die Leibspeise der Eisbären, zu fangen, da ein Aufenthalt auf dem Wasser mangels Eisschollen nicht mehr möglich ist. Zahlreiche Polarbären verbringen den Sommer an der Küste der Hudson Bay. Sie ruhen sich an Land aus, nehmen kaum Nahrung auf und leben von ihren Fettreserven. Anfang Oktober sind die Vorräte verbraucht und nun wird auf das Zufrieren der Bay gewartet, um dann auf Eisschollen die Robbenjagd wieder aufzunehmen. 

Am nächsten Morgen geht es wieder zum Hafen, dann verteilen wir uns auf zwei Zodiacs. Auch heute werden wir von Belugawalen verwöhnt. Stets halten sie sich in unserer Nähe auf, ihr Gesang ist unüberhörbar. Das „Prince of Wales Fort National Historic Site“ ist unser nächstes Ziel. Heute fahren wir erstmalig mit dem Tundra Buggy, die nur hier an der Bay im Einsatz sind. Die Fahrzeuge sind sehr hoch über dem Boden gebaut, um die Sicherheit vor Eisbären zu gewährleisten. Alle Reifen jedes Tundra Buggy-Fahrzeugs sind 1,7 m hoch und 1,1 m breit. Ein Gehäuse mit großem Korpus sitzt oben auf den Rädern und bietet Sicherheit, Komfort und die Möglichkeit für Passagiere, sich zu bewegen, um Wildtiere zu beobachten und zu fotografieren. In den nächsten Stunden werden wir viele Vögel sehen, Enten, Gänse, Kraniche und einen Adler. Und dann ist uns wieder das Glück hold: eine Eisbärin mit zwei Jungen! Wir können uns gar nicht satt sehen!

Streetart in Churchill