Reisebericht

Die Algerienreise in den Süden verbindet in wunderbarer Weise Natur und Kultur des Landes. 

Ein numidisches Königsgrab an der Nordküste erinnert an die ursprüngliche Berberbevölkerung, die wiederum schon lange von Griechen, Römern und Phöniziern beeinflusst war. Phönizier gründeten (neben Algier) auch die bekannte Ruinenstadt Tipasa, die einen Nachmittag lang zum Durchschlendern einlädt. In einem nahe gelegenen Restaurant probieren wir algerischen Wein aus der nahen Umgebung, bevor wir nach einem Spontanbesuch im Innenhof der neuen Großen Moschee von Algier unser Flugzeug ins über 2000 km entfernte Djanet besteigen. 

Djanet liegt auf 1000 Meter am Rande einer faszinierenden Wüstenlandschaft, die wir in den nächsten 10 Tagen zu Fuß, auf dem Kamel und mit dem Auto durchwandern. Eine Tageswanderung bringt uns durch die Schlucht nach Iherir und zur bekannten lockigen Kuh von Tinterhirt: auf einer einfach zu erreichenden Felsplatte finden wir deutliche Gravuren, deren Tiere sogar die unterschiedlichen Farben und Oberflächen (kräuselndes Fell, die „lockige Kuh“) zu erkennen geben. Im Wadi nach Iherir laden malerische Becken zum Abhängen ein. 

Dann folgen 65 km zu Fuß oder auf dem Kamel. 15 Reittiere begleiten unseren Weg, manchmal oben, manchmal unten durchschreiten wir die Wüste nördlich von Djanet unweit der Straße und gefühlt dennoch abgeschieden in einer völlig anderen Welt, in der wir glücklich sind mit ein paar Handvoll Wasser zur abendlichen Hand- und Gesichtswäsche. Unsere Spuren ziehen sich durch goldgelbe Täler zwischen Sandsteinschluchten mit immer neuen und schöneren Formationen auf samtweichem Sand. Knapp 20 km legen wir pro Tag bei Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad zurück und freuen uns auf das Zelt und den Schlafsack, das Abendessen und Frühstück (immer mit dem bekannten Schmelzkäse „la vache qui rit“, die lachende Kuh) und ein sehr reiches und buntes Mittagessen. 

Ernste und weniger ernste Geschichten zwischen Abendessen und Schlafsack bringen uns Abwechslung in die bald routinierten Tage. 

Nach einer kurzen Pause im Hotel in Djanet, der Hauptstadt der Tuareg, und einem Besuch auf dem Markt, brechen wir mit Geländeautos auf in den Tassili Tadrart, einem 15 bis 30 km breiten und 150 km langem Sandsteingebirge mit allen Farben des Sandes und Formen an Felsen, die man sich vorstellen kann und unzähligen Felsgravuren und Felszeichnungen, die aus einer Zeit von vor 7000 bis 10 000 Jahren zeugen. Giraffen, Elefanten, Nashörner, Herden von Kühen, Menschen auf der Jagd oder im Krieg, ja sogar Fische sind Beleg dafür, dass hier einmal ein ganz anderes Klima vorherrschte. Aber auch Klimaveränderungen sind dokumentiert: z.B. mit der weinenden Kuh, „la vache qui pleure“, die in Übergröße mit Tränen eingraviert ist, was manchmal als Traurigkeit über die Austrocknung gedeutet wird. Stumme Zeugen einer vergangenen Zeit, manchmal verblasst, manchmal so klar, als seien sie erst vor kurzem entstanden, zieren geschützte Felsvorsprünge und Höhlen. Und immer wieder neue Bögen und Formen aus Sandstein begleiten unsere Tage bis wir mit reichen Bildern zurückkehren und unseren Rückflug antreten, nicht ohne Ausklang in der Kasbah von Algier. 

Gerti Kiermeier November 2023