Reisebericht

Gabun – Tierparadies zwischen Dschungel und Meer

Barbara Ruda, 30.08.2013

Naturrundreise vom 28. Juli bis 9. August 2013

So schnell bin ich noch nie in Afrika angekommen. Eine kurze Nacht in Gabuns Hautstadt Libreville, am Morgen der Weiterflug nach Franceville und dann – nach Bezug unserer Unterkunft im ehemaligen Wohnquartier der Minenarbeiter von Lékédi und einem schmackhaften Mittagessen – fahren wir mit unserem Ranger zum ersten Mal im offenen Geländewagen durch den Nationalpark. Die Landschaft wechselt ständig, mal Savanne und dann wieder Schluchten mit üppigem Regenwald, und dazwischen liegt ein kleiner Canyon. Die ersten größeren Tiere, die wir erspähen, sind Sitatungas eine größere Gruppe von Waldbüffeln und hier und da ein Springbock. Dann halten wir an einem Ende der 360 Meter langen Hängebrücke über dem Dach der Baumriesen. Die Brücke hat keinen festen Boden – nur Drahtgeflecht. Immer nur zwei Mitreisende dürfen sie gleichzeitig betreten. Sobald man ein paar vorsichtige Schritte getan hat, beginnt sie heftig zu wackeln. Als ich über die Waldgrenze komme, sehe ich unten einen Schimpansen, dann noch einen, und noch einen. Eine ganze Gruppe trollt sich entlang der Bäume.

Die Mandrills von Lékédi, und zwar handelt es sich um eine riesige Gruppe von bis zu 130 Mitgliedern, leben nicht weit entfernt in einem anderen Waldgebiet. Sich auf ihre Spur zu setzen ähnelt dem Gorilla- oder Mangabentracking etwa in Bai Hokou im Naturschutzgebiet Dzanga Sangha (Zentralafrikanische Republik). So eine Tour durch dichten Dschungel kann mitunter recht anstrengend sein, aber es lohnt sich, denn schließlich bewegt man sich mit den Mandrills durch den Wald, sieht sie behände oben in den Bäumen turnen und springen oder auf dem Boden wandern. Manchmal sitzt einer auch in unmittelbarer Nähe, und wenn man sich nicht schnell bewegt, kann man ihn gut beobachten: die Männchen mit ihrem markanten Gesicht mit signalroter Nase, den bläulichen Furchen auf den Wangen und dem gelblichen Bart. Die Mandrill-Weibchen sind kleiner und blasser. An eines mit Baby schleichte ich mich vorsichtig und geduldig an. Am Ende werde ich reichlich belohnt. Gerade mal zwei Meter von den beiden entfernt hocke ich und sehe vier kugelrunde Augen, in denen sich das wenige Licht, was durch die dichte Vegetation hier unten ankommt, widerspiegelt. Ein wundervoller Moment.

Das neue Ökoparadies auf dem Gebiet einer ehemaligen Manganmine hat, was Primaten betrifft, noch mehr zu bieten. Idyllisch an einem kleinen See gelegen liegt die Gorilla-Insel – eine Halbinsel, auf der augenblicklich zwei männliche Westliche Flachlandgorillas leben. Wir bleiben im Boot sitzen, aussteigen dürfen wir hier nämlich nicht, das wäre zu gefährlich, denn die Gorillas sollen irgendwann mal ein echtes Gorillaleben führen dürfen und nicht an den Menschen gewöhnt. Wir bekommen wirklich das volle Programm zu sehen: einer klettert in die Baumwipfel, um Früchte zu fressen, der andere kommt ans Ufer, frisst auch da und trinkt – mal, indem er sich bückt und die Lippen ins Wasser taucht, mal, indem er mit der hohlen Hand das Wasser zum Mund schaufelt. Ja er hangelt sich sogar zwischen zwei Lianen übers Wasser – Tarzan lässt grüßen.

Einmal abgesehen von der Tierwelt entdecken wir im Lékédi-NP auch noch den afrikanischen Gesang. Als wir nach der Einkehr in einer Bar im Dorf an der Kirche vorbeikommen, tönen wunderbare Stimmen aus der offenen Tür. Wir kehren ein und dürfen dem Dorf-Chor lauschen, der für ein nahes Fest probt. Mehr als eine Stunde sitzen wir in den Bänken und lassen uns berühren von der Inbrunst des Gesangs. Für den kommenden Abend werden wir wieder eingeladen – zur nächsten Probe. Dieses nette Angebot nehmen wir selbstverständlich an, und auch die Kinder vor der Kirche gehen offen auf uns zu. Man merkt, dass hier nur selten Touristen vorbeikommen. Zum Abschied werden wir immer wieder herzlich umarmt.

Nach einer weiteren Nacht in Libreville geht es per Flugzeug nach Port Gentil. Eine Nacht machen wir auf Evengue Island Halt. Nach einem weiteren halben Fahrtag auf dem Boot mit Zwischenhalt in der von Gustave Eiffel in Paris zusammen gebauten Kirche Ste Anne erreichen wir die Loango Lodge und machen uns auch hier auf eine erste Pirsch per Geländewagen, sehen Waldbüffel, Sitatungas und viele Vögel. Abends genießen wir den Sonnenuntergang dort, wo die Lagune ins Meer übergeht.

Dieses entlegene Gebiet im Herzen des Regenwalds ist von Menschen unberührt geblieben – seit 20 000 Jahren. Ein echtes Paradies, wie wir erleben, als wir gemächlich durch den Fluss schippern. Wir sehen jede Menge Wasservögel wie Schlangenhalsvögel, Eisvögel – vom großen Giant bis zum kleinen Malachit Kingfisher, Schreifischadler, Hammerkopfvögel bis zur seltenen Fischeule, die direkt vor uns übers Wasser fliegt und auf einem Ast am Ufer Platz nimmt. Hier und da sonnt sich ein Panzerkrokodil mit spitzer Schnauze auf einem abgestorbenen Baumstamm im Wasser. Immer wieder springen Fische übermütig heraus, und insgesamt bietet sich uns ein traumhaft schöner Anblick mit den glasklaren Spiegelungen der Vegetation im Wasser. Und dann tauchte unser erster Waldelefant am Ufer auf. Es wird nicht der einzige bleiben, und wir kommen diesen prächtigen Tieren sehr nahe. Ein wunderschöner Bulle begleitet uns am Stückweit am Ufer, streckt immer wieder seinen Rüssel in die Luft.

Als die tiefstehende Abendsonne alles in Gold taucht, entdeckt unser Ranger auch noch eine grüne Mamba im Wasser, die dann auf einen Baum kriecht. Wir lassen uns verzaubern durch den Sonnenuntergang, der auch das Wasser des Flusses vergoldet. Die Silhouetten von Vögeln – auf Bäumen sitzend und im Flug – sind das Tüpfelchen auf dem i. Wie wunderschön unversehrt die Natur hier ist – und wir mittendrin.

Letzte Station unserer Gabunreise ist Lambaréné. Die mehrstündige Fahrt durch Lagune und den Ombué Fluss ist anstrengend und ermüdend, weil man im Gegensatz zu den Tagen vorher, kein Wildlife beobachten kann. In Lambarene kommen wir im Gästehaus des Urwaldhospitals von Albert Schweitzer unter.

Mit zahlreichen unvergesslichen Erlebnissen im Gepäck treten wir die Heimreise an. Gabun ist ein empfehlenswertes Ziel für Naturliebhaber und bietet auch Afrikakennern jede Menge Schätze.